Joe Bonamassa “Royal Tea” – eine persönliche CD-Besprechung

Aufgenommen in den Abbey Road Studios 2020, produziert von Kevin Shrirley.
When One Door Opens
Wär´s von einer Frau gesungen wäre, könnte das Stück als Titelsong für einen neuen James Bond-Film durchgehen. Überraschend der Zwischenteil, der an Jeff Becks Bolero erinnert, aber dann in ein treibendes Riff übergeht, begleitet von scharfen Vocals. Beim Solo verwendet Joe Bonamassa sein gleichnamiges Dunlop Wah Wah-Pedal. Dann wird der ruhige Anfangsteil wieder aufgenommen. Joes Gesang ist hier wirklich ungewöhnlich sanft und nicht mit dieser froschigen Note.
Royal Tea
Massives Gitarrenriff gefolgt von coolem Chorgesang „Royal Tea“. Stück bluesrockig, Refrain erinnert mich teilweise ein bisschen an beatlesnesque Aerosmith. Schönes raues Bluesguitarsolo.
Why Does It Take So Long To Say
Die Melodieführung und Spielweise der Gitarre könnte von Andrew Latimer von Camel stammen. Assoziationen zu Jimmy Barnes weckt der Gesang.
Lookout Man!
Durchwegs vordergründiges Bass-Riff, Synth?, schwerer Beat, funky, wenig abwechslungsreich und kaum überraschend im Aufbau.
High Class Girl
Blues Titel der aus den 60/70ern stammen könnte, Canned Heat-Motiv, Background-Vocals spritzig gesetzt, Titel wie diese hat man schon oft gehört.
A Conservation With Alice
Rezept nach typisch amerikanischen Songwriting, da ist alles Mögliche enthalten, Slide-Gitarre…
I Didn´t Think She Would Do it
Wah-Wah-Einleitung, dann mündet das Ganze in eine Wishbone Ash-Twin Gitarremelodie, dann Hendrix-Rhythmik mit Gesang, Wah-Solo. Nothing special.
Beyond The Silence
Eher ruhiges Stück, allein aus der Feder von Joe Bonamassas. Das Stück hätte auch gut auf Bad Companys Debut Scheibe in den frühen Siebzigern gepasst. Paul Rodgers hätte es besser interpretiert.
Lonely Boy
Flotter Rhythm and Blues-Titel, an dem Dave Steward von den Eurythmics mitgeschrieben hat, technisch sauber gespielt, dynamisch im Soloteil, aber schon oft gehört. Und da ist die Froschstimme wieder.
Savannah
Stück mit Südstaatenfeeling, quasi aus den Sümpfen, Lynyrd Skynyrd? Die Mandoline ist passend. Die Harmonien gehen bekanntermaßen ins Ohr.
Zusammenfassung
Musste man zu dieser Produktion extra nach London einfliegen? Bernie Marsden (Whitesnake) hat an 5 Stücken mitgeschrieben, aber warum hat er nicht, außer einmal Backgroundvocals beizusteuern, zur Gitarre greifen dürfen oder den Gesang mal übernehmen können? Hätte er vielleicht doch den ein oder anderen Akzent gesetzt und Abwechslung gebracht.
Handwerklich gut gemacht, aber aalglatt produziert. Ohne Ecken und Kanten. Es fehlt irgendwie die Dreckigkeit. Man hört sie mal im Auto, sie tut keinem weh. Aber sie wird dann in naher Zukunft im CD-Schrank verstauben und vom ipod gelöscht, wie so viele CDs des Business-Bluesman Bonamassa.
Also business as usual.
Das Artwork, das Booklet und die Verpackung in der Metalldose sind exzellent.
Beste Songs: Royal Tea, When The One Door Opens, Why Does It Take So Long

Näheres zur “Royal Tea” – Produktion liest man in einem Interview mit Joe Bonamassa in der Novemberausgabe von “Gitarre & Bass” . Hier kann man auch eine gefälligere Plattenkritik lesen.


Schlusswort: Am besten hat mir Joe Bonamassa in einer Trio-Besetzung gefallen wie bei einem Rockpalast-Konzert 2005 oder im Coloss-Saal in Aschaffenburg 2006.