Gary Moore – 1. Teil
Manche mögen ihn ja überhaupt nicht, zu denen gehört auch meine Frau, sie kann seinen Gesang nicht leiden. Obwohl der meiner Meinung nach, wenn man das ganze Musikschaffen betrachtet sehr facettenreich war. Man muss Gary Moore schon mögen. Gleich vorneweg, Manches von ihm gefällt mir auch nicht. Zum Beispiel einige Titel auf dem Black Rose-Album von Thin Lizzy oder Run for Cover oder nicht alles auf diesen Alben im 80er Soundgewand, die nach „Corridors of Power“ kamen. Gitarrenmäßig der Hammer, aber kompositorisch eher schwach, wenn man von den irischen Ohrwürmern (Over the hill.. ect.) absieht. Live verfolgt habe ich ihn zum ersten Mal beim ZDF-Rock-Pop-Konzert in Dortmund 1982. Noch eine Anmerkung: Es geht in meinem Gary Moore Blog nicht unbedingt chronologisch voran.
Skid Row
Seine erste Band, das Trio Skid Row war schon ziemlich exotisch und abgefahren. Da gibt es zwei Videos zu Beginn der 70er. Hierzu gehört auch Garys seltsames Outfit in Form einer Art Zwergenmütze wie bei Schneewittchen . Statt Vox spielt er hier Orange. Die Gibson ist schon ziemlich geaged.
Colosseum II – Strange New Flesh
Die erste Scheibe, die mich in den Bann zog, war „Strange New Flesh“ von Colosseum II . Was hier musikalisch von dieser erstklassigen Besetzung zelebriert wurde, war erste Sahne: Allein die Titel Down to you / Secret Places oder On Second Thoughts sind Artrock-Evergreens. Und man bedenke beim Anhören, dass Gary gerade mal 23 Jahre alt war. Unbedingte Empfehlung. Es gibt hier auch einige BBC-Videos auf youtube und zahlreiche Bootleg-Aufnahmen!!! Jon Hiseman (Rip) spielte Schlagzeug, Don Airey Keys, John Mole Bass.
Colosseum II – Secret Places
Corridors of Power
Die zweite Scheibe Moores, die ich fast unumschränkt liebe, ist Corridors Of Power, erschienen im September 1982. Absolute Highlights sind „Don´t Take Me For A Looser”, “Always Gonna Love You”, “Cold Hearted”, I Can´t Wait Til Tomorrow”, “Gonna Break My Heart Again” , das Free-Cover “Wishing Well” und natürlich “Falling In Love”.
Ein faszinierender Sound, ausgezeichnete Vocals, hyperschnelle Gitarrenläufe wechseln sich ab mit wundervoll melodischen Parts. Wenn mich einer fragen würde, wie ein Marshall-Verstärker klingt, würde ich auf diese CD verweisen. Soweit ich weiß hat er alle Stücke mit seiner roten 63er Strat eingespielt. „Falling In Love With You“ habe ich mit Wired und Savage Blue selbst gespielt. Eine herrliche, langsame Nummer mit tollen Gitarrenparts. Zum Glück ist damals besonders das Schlagzeug nicht im 80er Sound abgemischt worden, wie bei Moores folgenden Scheiben. So kann man dieses Musikmeisterwerk noch heute mit seinem fetten Sound genießen. Die Band war übrigens erstklassig aufgestellt: Ian Paice Drums, Neil Murray Bass und der leider viel zu früh verstorbene Tommy Eyre (+ 2001) an den Keyboards. Tommy Eyre spielte übrigens das berühmte Intro von Joe Cocker´s Version von „With A Little Help From My Friends“. Eyre wirkte auf vielen Moore Werken mit und zeigte bei Live-Auftritten in den Duellen mit Gary Moore wahre Spielfreude (Gary Moore „Live in London 1992“ „Further Up On The Road“) Neben Don Airey war er wohl der professionellste Keyboarder in den diversen Gary Moore Combos. Auf der Scheibe ist auch „End OF The World“ zu finden – die erste Kollaboration mit Jack Bruce, die lange währte.
Kollaborationen
Stichwort Kollaboration bzw. Mitwirkung an verschiedensten Projekten. Die Liste ist lang. Will hier mal einige auflisten, die denjenigen, die Moore immer auf seine Blues und Hard Rock Zeiten reduzieren, beweisen soll, wie variantenreich er in der Rückschau war:
Andrew Lloyd Webber – Variations (1978)
Peter And The Wolf (Prokofiew) (1975) – Allstar-Besetzung mit Gary Brooker, Phil Collins, Alvin lee, Manfred Man, Jon Hiseman, Cozy Powell, Gary Moore und vielen anderen. Wunderbar ist hier, wie Gary mithilfe des WahWah Pedals die Ente zum Leben erweckt.
Gary ist auf 10 der insgesamt 21 Tracks zu hören. Neben der E-Gitarre ist er auch mit Akustik- und Slide-Gitarre (Track Grandfather) zu hören. Neben Gary sind John Goodsal, Chris Spedding und Alvin Lee an den Gitarren zu hören. Auch sonst ist das Lineup ein Who is Who: Phil Collins, Cozy Powell, Andy Pyle (Bass/Kinks/ Savoy Brown/ Midnight Blues Band), Brian Eno, Julie Discroll…
Mit diesen Herren hat Gary Moore auch zusammengearbeitet:
Rod Argent, Jack Bruce, Traveling Wilburys, Mo Forster, Greg Lake, Paul Rodgers, Otis Taylor, Cozy Powell, Thin Lizzy, G-Force; Don Airey.
Auf Don Aireys Solo CD “Keyed Up” spielt Gary das Adagio von Johann Sebastian Bach.
1973 – Grinding Stone – Die erste Soloscheibe
Welche Virtuosität und Variantenreichtum er besitzt, zeigt der Einundzwanzigjährige Gary Moore 1973 mit der ersten Soloscheibe „Grinding Stone“. Die Scheibe beinhaltet Artrockmäßiges, Countryblues, Southernrock…. Auf „Boogie Way Home“ brilliert er an der Slide-Gitarre.
Still Got The Blues
Bob Daisley (Bass, Chicken Shack, Rainbow, Ozzy Osburne, Gary Moore Band) war eigentlich der Initiator, dass Gary Moore sich nach der Hard-Rock-Zeit dem Blues zuwandte. „Bob Daisley kam in den Umkleideraum“, so erinnert sich Gary und sagte:“ You know, Gary, You should make a blues album. It might be the biggest thing You ever did.“ Beide lachten. Gary nahm „Still Got The Blues“ auf, das sich innerhalb weniger Monate drei Millionen mal verkaufte. Mit dem Album gelang ihm ein stilbildendes Meisterwerk des „rockigen“ Blues, härter als zu den Zeiten des britischen Blues von Peter Green, Jimmy Page, Jeff Beck und Eric Clapton mit den Bluesbreakers. Unzählige Gitarristen wie Henrik Freischlader wurden von diesem Album inspiriert. Einer der diese Schiene des elektrifizierten Blues meiner Meinung nach übernommen hat, ist Joe Bonamassa. Den Einsatz der Bläser bzw. die Kombination mit einer Bluesrock-Combo hat Gary Moore mit den Live-Auftritten in Montreux 1990 vorweggenommen. Die unzähligen Aufnahmen und Live-Mitschnitte sind absolut hörenswert. Die zwölf Titel bestehen je zur Hälfte aus Coversongs und Eigenkompositionen (Midnight Blues, Moving On, Still Got The Blues, Texas Strut, As The Tears Go Passing By und King Of The Blues)
After Hours
Nach dem großen Erfolg von SGTB mit den Gastmusikern George Harrison, Albert King und Albert Colins lieferte Gary Moore ein weiteres solides Album ab. Als Gast ist wieder Alber Collins dabei. BB King ist auf „Since I Met You Baby“ zu hören. Das Album bietet erneut eine Reihe von erstklassigen Bläsersätzen, die Gary Moore zusammen mit Don Airey arrangiert hat. Nur vier der elf Songs sind Cover. Beachtlich – zeigt es doch das kompositorische Vermögen Moores bei Titeln wie „Separate Ways“, „Only Fool In Town“, „Cold Day In Hell“ oder „Story Of The Blues“, die zu Alltime-Classics avanciert sind. Hier eine superbe Version von „Separate Ways“:
Nicht zu vergessen ist, dass all seine Texte recht cool und wortgewandt abgefasst sind und oft Wortwitz besitzen.
Besonders zeigte sich dies bei seinen teils autobiografischen Lyrics auf dem Album „Dark Days in Paradise“ oder in dem Stück Led Clones des Albums „After The War“. Hier sind allerlei Zitate versteckt. Eine herbe Kritik an Bands wie „Kingdom Come“, die Led Zeppelin und Whitesnake kopieren:
The time has come to talk about tomorrow.
You should be a careful one tomorrow.
I heard them on the radio.
I saw them on the video.
I don’t think I can take much more.
Led clones, led clones.
You’ve stolen from the houses of the holy.
You’ve rolled into the kingdom of the snake.
I heard you on the radio.
I saw those crummy videos.
I don’t think I can take no more.
Led clones, Led clones.
Got to get it on,
from the still of the night.
But you’re gettin‘ it wrong, …
Ooh, yeah.
Ooh, yeah.
Les Pauls
Die Les Paul auf dem „After Hours“-Cover hat Gary Moore nur für selbiges verwendet. Die Gitarre, so habe ich gelesen, spielte sich nicht gut. Angeblich hat sie auch Kirk Hammet seit 2020 in seinem Besitz . Auf den beiden Scheiben hat er vor allem zwei Les Pauls verwendet: die berühmte „Greenie“ von Peter Green, aber meist verwendete er bei den Aufnahmen eine 59er Lemonburst Les Paul nicknamed „Stripe“, die ihm sein Gitarrenroadie Graham Lilley besorgte:
Gary first used this guitar on the After The War album in 1989, and it can be seen on the music video for the title song. It was then used on one of his perhaps best known pieces – “Still Got the Blues”, and “Oh Pretty Woman” – on the 1990 album. Since then it basically became one of his favorite guitars, and he used it on nearly all the records up until his death in 2011.
BBM – Baker, Bruce and Moore – „Around Next Dream“
Diese Gitarre verwendete er auch beim Rockpalastabend für Jack Bruce. 1993, nachdem Ginger Baker und Gary Moore anlässlich des 50. Geburtstages von Jack Bruce ( youtube Rockpalast Jack Bruce) zusammen konzertierten und die alten Cream Nummern zum Besten gaben, gründete Gary nach eigener Aussage BBM (Bruce Baker Moore). Das Album „Around The Next Dream“ ist aber trotz mancher Cream-Anleihen meiner Meinung recht eigenständig. Während „Waiting For The Wings“, „City of Gold“, „Can´t Fool The Blues”, “High Cost Of Loving” oder “I Wonder Why” aus dem Repertoire von Cream oder von Gary Moore und der The Midnight Blues Band stammen könnten, zeigen das wunderbare “Where In The World” (mit Gänsehautfaktor!) oder das jazzige “Wrong Side Of Town” , wo eine gemeinsame Weiterreise hätte hingehen können. Anspieltipps sind auch die Bonustracks der CD wie „The World Keeps On Turning“, ein Showcase des dynamischen Zusammenspiels von Bruce und Moore oder das Hendrix like „Danger Zone“. 1998 kam es übrigens nochmal zu einer Art BBM Reunion. Auf der DVD „Jack Bruce The Cream Of Cream Complete Instructional” zeigt Jack die Cream- Basslinien. Erst allein, dann spielt das Trio Bruce, Moore und Gary Husband die Songs im Studio. Coole DVD nicht nur für Basser. Übrigens auch auf youtube zu finden. Alle Songs spielte Gary mit einer Gibson SG wie einst EC!
Die Drei haben dann noch auf diversen Partys gejammt. Da gibt´s auch ein schönes Video. Außer dem Auftritt von BBM im Rockpalast existieren leider recht wenig Live-Video-Aufnahmen. Bootleg-Live-Mitschnitte hingegen findet man zu hauf.
Colosseum Jam ab Minute 3!
Absolutes Highlight für tolles Zusammenspiel aus Esslingen 1993: Ein Bootleg von Bruce, Husband and Moore!!!!!! Man merkt, dass sie Spaß beim Spielen hatten! Gary Husband ist nicht nur als Schlagzeuger, sondern auch als äußerst renommierter Pianist musikalisch tätig.
Tipp: Wer nach Bootlegs aus Garys langjähriger Schaffenszeit sucht, der ist hier richtig und sollte diesen Namen eingeben: Ovidiu Buzdugan Romcea
Literaturhinweise
Gitarre & Bass Special „Gary Moore“ (Interviews, Workshops, Features), März 2011
Harry Shapiro Gary Moore “I can´t Wait Until Tomorrow” – The Official Biography, London 2017
Rich Maloof Jim Marshall – The Father Of Loud, San Francisco 2004
Bernie Marsden Where´s My Guitar? England 2017
Vic DaPra Burstbelievers IV, Anaheim 2018
Guitarist Magazine Issue 340, April 2011
Guitarist Magazine Issue 403, February 2016
Guitarist 100 Guitar Heroes, England 2013