Episode 1: Bloß nicht nachmachen: Wie man Batterien auflädt
Wie schon in der Biographie erwähnt war in der Sommerzeit unser Paradies auf Erden der Garten auf der Sieboldshöhe. In den Sommerferien also gut 6 Wochen lang Abenteuerferien. Wir hatten alles, was man so braucht: Fußballbolzwiese, Westernhütte in Form des alten Hühnerhäuschens, Ritterburg – das geräunige Gartenhaus von Oma Mathilde -, Bäume und Versteckmöglichkeiten noch und noch. Dazu gab es eine große Garage, die meine Eltern wohnlich eingerichtet hatten.
Vorne ein Garagentor mit Gipsstellwand dahinter , auf der Rückseite richtiges zweiflügliges Fenster, Eingangstür und Terrasse mit der damals obligatorischen Hollywoodschaukel. Die Innenausstattung bestand aus einem Bauernzimmer, Schlafcouch und Küche mit Herd und Kühlschrank. Bei Schlechtwetter also eine gemütliche Rückzugsmöglichkeit. Im Garten hatten wir ein rundes Schwimmbecken, das von uns Kindern regelmäßig gewartet werden musste. Neben dem Schwimmen hatten wir enormen Spaß mit diversen Bötchen, die wir auf unserm „Meer“ zu Wasser ließen: Piratenschiffe, Fischkutter und eine neue, bei der Firma Schum am Schmalzmarkt, erworbene batteriebetriebene Yacht.
Besonders jenes hatte es mir angetan.
Leider waren bald die vier großen Batterien am Ende und kein Ersatz zur Hand. Ob es damals schon Aufladbare gab, weiß ich nicht. Aber ich war der festen Überzeugung, man könnte sie aufladen. Wenn ich nur noch wüsste, wer mir das eingegeben hat? Naja. Batterien raus aus dem Boot und in der Wohngarage mit der Minus-Seite auf die Herdplatte gestellt. Der Strom kommt bei Minus rein und wandert zum Plus-Pol. Herd mal lieber nur auf eins. Langsam aufladen. Und wieder raus in den Garten. Einige Zeit später erinnerte ich mich wieder an den Ladevorgang. Uiii. Die Batterien hatten sich selbstständig gemacht. So ne Sauerei. Schwarze ölartige Spuren waren an der geweißelten Decke zu sehen. Der Herd sah zum Glück nicht so schlimm aus. Am Abend musste ich alles beichten. Bloß nicht nachmachen!!!
Episode 2: Bloß nicht nachmachen – Raketenantrieb und Flugversuche – sie fliegt tatsächlich!
Die Passion meines Bruders Schorsch war schon immer die Chemie, vor allem später beruflich noch viel mehr. Also früh übt sich, wer ein Meister werden will. Jugendliche Interessen sind zu fördern – und so bekam er einen Experimentierkasten zu Weihnachten geschenkt, so mit allem, was ein Juniorchemiker braucht. Um seinem Hobby intensiver zu frönen, hatte er sich in unserem Hühnerhäuschen ein kleines Versuchslabor eingerichtet, das sommers betrieben wurde. Ich war bei all den Experimenten nur staunender Statist, der sich über plötzlich einsetzende unbeschreibliche Verfärbungen, blubbernde Erlenmeyerkolben, kleine Explosionen und Stichflammen diebisch freute. Chemikalien, die wahrscheinlich heute längst nicht mehr für Jugendliche zu erwerben wären, wurden von ihm in einem Geschäft in der Koelikerstraße/ Ecke Bachgasse gekauft. Mein Bruder, den billigen Schulversuchen bald überdrüssig, war begeistert von der Idee des Raketenbaus oder raketenbetriebener Fahrzeuge. Kein Wunder, es war die „Hochzeit“ der amerikanischen Raumfahrt.
Experimentiert wurde von ihm mit Wasserglas. Packpapier (aus der Metzgerei zweckentfremdet) wurde mit Selbigem getränkt bzw. eingepinselt und dann zu einer Art Treibstoffbehälter gerollt.
„Das Wasserglas schützt gegen die Einwirkung des Feuers, des Wassers und der Luft. Papier wird gleichsam verglaset, wodurch es außer der so schätzenswerten Eigenschaft, kein Feuer zu fangen, auch noch sehr bedeutend an Dauerhaftigkeit gewinnt.“ (So ein altes Chemiebuch!)
Aus Balsaholz, bei der Firma Schum am Schmalzmarkt gekauft, entstanden Abschussrampen oder Raketen- bzw. Fahrzeuguntergestelle mit Rädern. Trial and Error-Versuche waren nötig um die richtige Zusammensetzung des Raketentreibstoffes herauszufinden. Es gab natürlich hier auch herbe Rückschläge im wahrsten Sinne des Wortes. Nur so viel sei hier verraten: Unkrautex und Zucker waren auch dabei. Die Versuche mit den Wasserglasrollen waren meist ziemlich erbärmlich. Deshalb experimentierte Schorsch bald lieber mit handfesterem Material: Metallrohre jeglicher Couleur. Meine Cousins und ich waren immer gespannt auf den Ausgang der spannenden Experimente und beobachteten diese in sicherer Entfernung. Ja und eines Tages war es soweit. Die Krönung jedes Forschers: Das Objekt soll heute fliegen. Aber wohin? Welche Flugbahn nimmt es?
Es war wieder mal alles für ein Experiment vorbereitet. Die Rakete in Form eines Eisenrohrs gefüllt mit Brennstoff, Zündlinie aus Schwarzpulver, Abschussrampe. Ausrichtung der Vorrichtung gen Westen. Sicherheitsabstand zum Nachbargrundstück Militzer in westlicher Richtung etwa gut 70 Meter. Countdown und Start. Und sie flog wirklich – weit. Eine Rauchfahne hinter sich herziehend wie ein Blitz und landete – im Pool unseres Nachbarn M. in der Otto-Naglerstraße. Es gab Ärger – dann!!!!
Hallo Conny. Deine Geschichten sind wunderbar. Ich war gerade zurück versetzt in unseren Traumgarten. Für mich war das eine wunderschöne unvergessliche Zeit. Genauso habe ich mich riesig über die Geschichte mit dem Fahrrad Richtung Tante Maria gefreut. Danke und mach weiter. Ganz liebe Grüße. Deine Cousine Regina
Danke und bleibt gesund. Lieben Gruß Conny