Würzburger Geschichten: Siebold-Gymnasium – Mathematik, Rotzlöffel und arme Lehrer

Von der Pleicher Schule ins Siebold

Schon in der Pleicher Grundschule war ich laut Zeugnisbemerkung „sehr lebhaft“. Meine Schrift war saumäßig, aber in allen anderen Fächern, auch im Fach „Rechnen“, ausgezeichnet. Wie damals üblich musste generell eine Aufnahmeprüfung für´s Gymnasium absolviert werden. Ich weiß noch, als wenn es gestern gewesen wäre, dass mir die Lösung von einer kniffligen Sachaufgabe noch kurz vor Abgabe einfiel. Also der Weg zum Gymnasium war frei. Da alle Familienmitglieder der  Martins, Kirchner und Hessenauer das Siebold-Gymnasium besuchten, war die Wahl der höheren Schule klar. Ich rechnete in gewisser Weise mit dem sogenannten „Hofeffekt“, da alle dort ein sehr erfolgreiches Schülerdasein verbrachten.

Ich und die Mathematik – Herr H. H.

Während ich in Deutsch, Latein und den Lernfächern im 5. Jahrgang gute Leistungen erzielte, waren sie in Mathematik von Beginn an grottig zu nennen. Mit Mengenlehre wusste ich zum Beispiel wenig anzufangen. Zudem traf ich auf H. H., einen knallharten Studiendirektor , der schon rein äußerlich mit seiner Hornbrille keine „Spaßbombe“ war und zudem mit seinem weißen Mantel furchteinflößend wirkte. Das Motto seiner didaktisch-methodischen Unterrichtsführung war „Friss oder stirb“. Irgendwie kam ich durch. Zum Glück hatte ich dann andere verständnisvollere Mathematiker. Einer von ihnen, Herr K., wohnte als Student bei uns in der Semmelstraße. Ich glaube, der hat öfters mal die Fünf gerade sein lassen.

Die Mathe-Schulaufgabe naht…

Schrecklich war, wenn eine Matheschulaufgabe näher kam. Ich musste pauken und mein armer Bruder Schorsch, der in Mathe nie was anbrennen ließ, hatte die Pflicht mir Nachhilfe zu geben. Ich verstand eigentlich nichts und sagte oft ermüdet, ja verstanden. Am Tag der Schulaufgabe war alles wie weggewischt. Blackout. Den Tränen nah. Dann der Gang nach Canossa, also nach Hause. Je mehr ich mich der Metzgerei näherte, desto schwerer wog die Schultasche. Kurz nach eins dann erst einmal gemeinsames Mittagessen neben dem Leberkäs-Bräter. Die übliche Frage meiner Mutter,  wie es war. Ging so. Dann nach dem Mittagessen  – das Schlimmste. „Der Schorsch soll´sich die Schulaufgabe mal anschau´ !“ Mein Bruder überflog die Aufgabenstellungen und hatte den Rechenweg schon im Kopf. Nun begann das Verhör: „Erste Aufgabe?“ „Das habe ich so gerechnet.  Das war meine Lösung!“ Schorsch lapidar: „Falsch! Da kommt…raus!  Zweite Aufgabe?“ „Die habe ich nur halb.“ „Dritte Aufgabe?“ „Nur angefangen…“„5. und 6. Aufgabe?“ „Da war die Zeit zu knapp. Ist doch gemein. Außerdem war das noch nie dran…das ging den anderen genauso. Die hat fast keiner..“Der Tag war dann meist gelaufen. Meine Mutter grantig. „Du musst mehr lernen! Strenge dich mehr an!“ Einmal musste ich eine mit ungenügend bewertete Ex , von deren Existenz außer mir keiner wusste, unterschreiben lassen. Auf der Treppe zur Wohnung bekam ich von meinem Vater eine schallende Ohrfeige.

Latein bei Dr. G

Zum Glück war ich im Sprachlichen weitaus besser und glänzte in Latein vor allem in der 7. Jahrgangsstufe bei Dr. G. mit Bestnoten. Ich hatte da in Latein ab und an Nachhilfe bei Opa Huth. Davon zehrte ich bis zur Kollegstufe. Aber Mathematik war nie meins. Zum Glück konnte ich sie in der Kollegstufe abwählen. Aus diesem Grund kann ich heute bestens verstehen, wenn Schüler in Mathematik nichts kapieren.

Warum ich dann in der Kollegstufe nicht Latein wählte, sondern „Französisch“ vorzog, weiß ich nicht. Naja, ich liebte das Land, Asterix, Gaulois und Gitanes und den Aufenthalt in Paris (siehe Biografie).

Rotzlöffel – nur Unsinn im Kopf

Als Schüler war ich ein rechter „Bankert“, ein Lümmel, der oft nur Unsinn im Kopf hatte. Ich denke die Mehrzahl der Lehrer war froh, wenn sie mich im nächsten Jahr nicht mehr unterrichten mussten. Einen der vielen Verweise habe ich noch: „ Ständige Verbreitung von Unruhe“. Ich denke, das  trifft es genau.

Vo Mutter unterschrieben! Ein Verweis von der “Zensi”! RIP – unweit von unserem Familiengrab.

Manche Späße waren schon recht derb, beispielsweise wenn ich dem Monsignore D. farbigen Kreidestaub im Vorübergehen auf die schwarze Anzugsjacke pustete oder mich diebisch freute, wenn er wieder mit seine Lackschuhen in einen Reißnagel trat. Ich führte Strichlisten, wenn Lehrer permanent Worte wie „Moment emal“ oder irgendwelche Füllsel „öne“ oder „Mhmna“ verwendeten. Biologielehrer H. hatte die Angewohnheit fast in jedem dritten Satz „letzten Endes“ einzubauen. Der kam bisweilen auf dreißig Striche. Was noch hinzukam, war das der Gute lispelte. Man stelle sich das vor: zwei S-Laute hintereinander.  Allerdings muss ich zugeben, dass meine Mitschüler auch keine Waisenknaben waren.

Wo bin ich? Ganz brav in der ersten Reihe vorn. Der Vierte von links 🙂

Im Team lassen sich Lehrer noch besser ärgern. Latein- und Geschichtslehrer S. hatte es ganz schwer. Das tut mir im Rückblick heute noch leid. Ehrlich. Einmal holten wir sein Fahrrad vom Abstellplatz hoch in den Gang vor das Rektorat und schlossen es mit einer Fahrradkette an ein Heizungsrohr. Oder einer mopste dem verplanten Lehrer die Schultasche und versteckte sie im Klassenzimmer.

Raucherecke am Fahrradkeller

Geraucht wurde immer an der Mauer zum Riemenschneider-Gymnasium, da wo es zum Fahrradkeller runterging. Einer musste Schmiere stehen, während wir die Selbstgedrehten rauchten. Kam eine Lehrkraft, schnippten wir die Zigaretten einfach zum Riemenschneider-Gymnasium hinüber.

Die schönste Zeit war dann die Kollegstufe. Ich hatte den Führerschein und einen gelben R4. Endlich. Nachdem ich bis dahin leiden musste, da die anderen Kreidler Mokicks haben durften und mit ihren Freundinnen rumkurvten. Bei uns waren motorisierte Kleinkrafträder absolutes NoGo. Mein Vater verbot es.

“Entschuldigtes Fehlen”

Den Typ, der den Geschichte-Leistungskurs leitete konnte ich mit seiner arroganten Art nicht ab. Zudem nervte der Pädagoge mit permanentem Folienauflegen auf dem 70er Medium OHP, der Ur-Beamer,  und Gruppenarbeitsaufträgen. So fehlte ich oft „entschuldigt“ und fuhr mit meiner Freundin S., die am Mozart war, lieber über´s Land. Mit dem lieben Mann unternahmen wir dann auch in der 8. Klasse schon einen Schulskikurs nach Sterzing, wo eine Zimmertür zu Bruch ging. Die Schulskikurse waren schon herrlich. Die armen Kerle, die zum ersten Mal auf Skiern standen, am Abend groggy. Die anderen voll fit und zu vielerlei Späßen aufgelegt: Den Schlafanzug nassmachen, mehrere Knoten rein und auf den Balkon legen bis er in kürzestes Zeit Bock hart gefroren ist. Gemein.

Abiturfahrt Prag

Die Abi-Fahrt ging mit ihm nach Prag. Naja. Schöne Stadt und viel Alkohol. Hotel “Europa“ direkt am Wenzelsplatz. An einem Abend hatten wir wieder Ausgang ohne Aufpasser. Eine Bar zog uns an. Ich wechselte zwischen Bloody Mary und Becherovka. Hoch ins Zimmer und ins Bett gelegt. Karussell fahren. Zum Glück hatte ich nur zwei Meter zur Badewanne. Das war mein erster und letzter Vollrausch. Insofern eine lehrreiche Fahrt: Ich vertrag´ keinen Alkohol.

1979 dann Abitur und bestanden. Geht doch. Im vergangenen Jahr trafen wir uns zur 40-Jahre Abiturfeier an der Wittelsbacher Höhe. Schön war´s.

Wo kommen Sie denn her?

Da fällt mir noch eine Episode ein: Nach dem Abitur fuhr ich auch wochentags für die Metzgerei Wurst aus. Eine Station war dabei das Sieboldgymnasium, denn Hausmeister B. , im Pausenverkauf wehrte er immer durch gezielte Boxschläge die anstürmenden Schülermassen ab, verkaufte seit einiger Zeit belegte Wurstbrötchen.

So lief ich so um 9 Uhr mit der Brötchenmulde in die Schule ein und stellte sie auf das Mäuerchen neben der Getränkeverkaufsstelle ab, zu der ein paar Stufen führten. Ich komm mit leeren Händen wieder hoch. Da schallt es: „Wo kommen Sie denn um diese Zeit her? Wieder zu spät?“ Es war Otto Sch. der Schulleiter. Ich fühlte mich zunächst direkt ertappt. Aber dann mussten wir herzhaft lachen.

5 Antworten auf „Würzburger Geschichten: Siebold-Gymnasium – Mathematik, Rotzlöffel und arme Lehrer“

  1. Lieber Conny Martin,
    erfreue uns bitte weiter mit deinen tollen Geschichten von früher,man kann sich so gut selbst reinversetzten, wie es bei uns so war
    Ganz großes Kino

  2. Irgendwie bilde ich mir ein, den späteren HNO Arzt Dr. Edgar Labus auf dem Klassenfoto zu erkennen. Liege ich da richtig, der Mathelehrer war wohl Hans Hxyxr, oder?

  3. So hätte ich das auch schreiben können. Herzlich! Kurz war ich wieder Schüler am Siebold. H.H. hatte ich auch ab der 8ten in Mathe und Physik.

Schreibe einen Kommentar zu Konrad Martin Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert