Die Autobahn führt leider nur kurz am Luganer See vorbei. Unser Ziel ist ja Ameno. Richtung Varese. Wir sind in Italien. Gozzano, Buccione. Und da ist sie die „Chiesa del santo Crocefisso di Borzaga“. Rechts abbiegen und dann geht es bergan zur Einfahrt des „Hotel Ristorante Monterosa“. Äußerlich scheint sich in den vergangenen sechs Jahren nichts getan zu haben. Doch. Die mürrische Mama sitzt nicht mehr an der Rezeption. Die Altehrwürdige dürfte gestorben sein oder hat sich in eine äußerst attraktive schwarzhaarige Empfangsdame verwandelt, die gebrochen Englisch radebricht. Irgendwie kommuniziert man, da unser Volkshochschul –Italienisch auch extrem in Vergessenheit geraten und rudimentär ist. Das ärgert mich immer. Das nächste Mal muss ich mich besser vorbereiten. Zwar habe ich ein kleines Langenscheidt-Wörterbüchlein dabei. Aber mir fehlt die Grammatik. Wie beugt man essere und avere…. Mist. Sarah ist Grammatik „Wurscht“, sie spricht. Collazione break faste che ore sera room schlussel grazie…. Das selbe Zimmer wie vor sechs Jahren. Etwas aufgehübscht. Der kleine Balkon mit der vergilbten Markise könnte mal gereinigt werden. Blick auf den Monterosa, den man nicht sieht.
Es ist bewölkt, diesig. Ca. 23 Grad. Koffer hochbringen. Es gibt keinen Aufzug. Bucht man bei „Spar Mit“ muss man immer auf etwas gefasst sein, woran wir uns allerdings gewöhnt haben: Aufzüge meist Fehlanzeige, abgeschiedene Lage, also am Arsch der Welt, in die Jahre gekommene Hotels und Gasthöfe, die Küchenleistung von saugut bis grottig.
Da fällt mir spontan ein Schweizer Gasthof und der entsprechende Urlaub 2011 ein, der uns heute, unseren Jüngsten mit inbegriffen, immer noch erheitert. Der Gasthof befand sich in Saas Almagell. Den Namen des Gasthofes verrat ich jetzt nicht, es gibt es noch das Hotel Olympia. Im Spar Mit – Angebot war eine geführte Wanderung mit dem Hotelbesitzer sowie Einführung in die Geheimnisse des Käsefondue inkludiert. Für die Wanderung hatte der Wirt in seinen Rucksack vor allem auch Bier eingepackt, dem er selbst bei der Jause äußerst fleißig zusprach. Das Hotel war noch immer im Zustand der 70er Jahre, voll Vintage, der Wellness-Bereich zu. Kochen konnte er auf jeden Fall.
Frühstück ab 7.30 Uhr, Abendessen ab 19.30 Uhr. Das passt uns generell nicht so in den Kram. Wir sind Frühaufsteher. Ab 7 Uhr knurrt der Magen. Auch die Abendessenszeit ist im Allgemeinen bei Sarah und mir um 18 Uhr. Durch den letzten Aufenthalt im Monterosa wissen wir zudem, dass sich das allabendliche 3-Gänge-Menue locker bis 22 Uhr hinzieht. Heute Abend haben wir jedenfalls Bärenhunger und betreten pünktlich wie die Maurer um 19.29 Uhr das Restaurant im Erdgeschoss. Keiner da außer der alleinstehenden Frau mit dem umwerfenden Karlsruher-Dialekt, so zwischen 65 und 70 Jahre alt. Schon bei den ersten Worten würde ich mich am liebsten auf den Boden schmeißen. Die Frau wollte mit ihrer Tochter verreisen, Sarah erfuhr da Genaueres. Frauen halt. Bis der Patrone, der Sohn der altehrwürdigen Mama, seinen Auftritt hat, vergehen fast dieci minuti. Dann kommt er mit seinem schwarzen vornehmen Aufschreibetui und stellt in schnell dahingesagtem Italienisch die heutige Menügänge vor. Ich verstehe nur Spaghetti und Scalopine und ordere beides. Sarah fragt nach, wird dabei wenig klug und schließt sich mir an. Dessert Tiramisu. Er verschwindet. Zu trinken? Getränkekarte? Die Schwarzhaarige im eng gefüllten Top bringt die Karte. „Prendo Birra alla spina prego“ fließt es da aus mir heraus. Sie lacht. Dolce vino bianco? Si. Sarah bestellt ein Glas und ich füge noch „aqua minerale con gas“ hinzu und ernte ein weiteres Lächeln der italienischen Schönheit. Certamente. Grazie. Als wir noch Italienisch lernten, war der Höhepunkt jedes Semesters der Abschlussabend im Würzburger Da Luigi/ Bella Napoli. Maurizio Marsico, der damalige Oberkellner und heutige Nachfolger des früheren Pächters, schmeichelte mir immer mit der Anrede „Professore“. Die Bestelllung auf Italienisch und Smalltalk waren kein Problem – damals. Wir müssen mal wieder ins Da Luigi, denke ich mir. Marsicos Spezialwitz war jedes Mal „birra senza piombo“.
Zurück im Zimmer – Fernseher an. Enttäuschung macht sich breit. Kein einziges deutsch- oder englischsprachiges Programm, dafür gefühlte 5000 schwachsinnige italienische Sender. Aber das Wlan ist vorzüglich. Die Abende sind gerettet: Sarah und die Bavarian Daily Soap „Dahoam is Dahoam“ und für mich „Die Rosenheim Cops“ auf dem ipod- Bildschirm.
Fortsetzung folgt!
Eine Antwort auf „Zwei Würzburger am Ortasee – eine Reiseerzählung Teil 2“