Zwei Würzburger am Ortasee – eine Reiseerzählung Teil 2

Ameno am Orta See

Die Autobahn führt leider nur kurz am Luganer See vorbei. Unser Ziel ist ja Ameno. Richtung Varese. Wir sind in Italien. Gozzano, Buccione. Und da ist sie die „Chiesa del santo Crocefisso di Borzaga“. Rechts abbiegen und dann geht es bergan zur Einfahrt des „Hotel Ristorante Monterosa“. Äußerlich scheint sich in den vergangenen sechs Jahren nichts getan zu haben. Doch. Die mürrische Mama sitzt nicht mehr an der Rezeption. Die Altehrwürdige dürfte gestorben sein oder hat sich in eine äußerst attraktive schwarzhaarige Empfangsdame verwandelt, die gebrochen Englisch radebricht. Irgendwie kommuniziert man, da unser Volkshochschul –Italienisch auch extrem in Vergessenheit geraten und rudimentär ist. Das ärgert mich immer. Das nächste Mal muss ich mich besser vorbereiten. Zwar habe ich ein kleines Langenscheidt-Wörterbüchlein dabei. Aber mir fehlt die Grammatik. Wie beugt man essere und avere…. Mist. Sarah ist Grammatik „Wurscht“, sie spricht. Collazione break faste che ore sera room schlussel grazie…. Das selbe Zimmer wie vor sechs Jahren. Etwas aufgehübscht. Der kleine Balkon mit der vergilbten Markise könnte mal gereinigt werden. Blick auf den Monterosa, den man nicht sieht.

Der Monterosa, Aufnahme von 2016

Es ist bewölkt, diesig. Ca. 23 Grad. Koffer hochbringen. Es gibt keinen Aufzug. Bucht man bei „Spar Mit“ muss man immer auf etwas gefasst sein, woran wir uns allerdings gewöhnt haben: Aufzüge meist Fehlanzeige, abgeschiedene Lage, also am Arsch der Welt, in die Jahre gekommene Hotels und Gasthöfe, die Küchenleistung von saugut bis grottig.

Da fällt mir spontan ein Schweizer Gasthof und der entsprechende Urlaub 2011 ein, der uns heute, unseren Jüngsten mit inbegriffen, immer noch erheitert. Der Gasthof befand sich in Saas Almagell. Den Namen des Gasthofes verrat ich jetzt nicht, es gibt es noch das Hotel Olympia. Im Spar Mit – Angebot war eine geführte Wanderung mit dem Hotelbesitzer sowie Einführung in die Geheimnisse des Käsefondue inkludiert. Für die Wanderung hatte der Wirt in seinen Rucksack vor allem auch Bier eingepackt, dem er selbst bei der Jause äußerst fleißig zusprach. Das Hotel war noch immer im Zustand der 70er Jahre, voll Vintage, der Wellness-Bereich zu. Kochen konnte er auf jeden Fall.

Rathaus von Ameno

Frühstück ab 7.30 Uhr, Abendessen ab 19.30 Uhr. Das passt uns generell nicht so in den Kram. Wir sind  Frühaufsteher. Ab 7 Uhr knurrt der Magen. Auch die Abendessenszeit ist im Allgemeinen bei Sarah und mir  um 18 Uhr. Durch den letzten Aufenthalt im Monterosa wissen wir zudem, dass sich das allabendliche 3-Gänge-Menue locker bis 22 Uhr hinzieht. Heute Abend haben wir jedenfalls Bärenhunger und betreten pünktlich wie die Maurer um 19.29 Uhr das Restaurant im Erdgeschoss. Keiner da außer der alleinstehenden Frau mit dem umwerfenden Karlsruher-Dialekt, so zwischen 65 und 70 Jahre alt. Schon bei den ersten Worten würde ich mich am liebsten auf den Boden schmeißen. Die Frau wollte mit ihrer Tochter verreisen, Sarah erfuhr da Genaueres. Frauen halt. Bis der Patrone, der Sohn der altehrwürdigen Mama, seinen Auftritt hat, vergehen fast dieci minuti. Dann kommt er mit seinem schwarzen vornehmen Aufschreibetui und stellt in schnell dahingesagtem Italienisch die heutige Menügänge vor. Ich verstehe nur Spaghetti und Scalopine und ordere beides. Sarah fragt nach, wird dabei wenig klug und schließt sich mir an. Dessert Tiramisu. Er verschwindet. Zu trinken? Getränkekarte? Die Schwarzhaarige im eng gefüllten Top bringt die Karte. „Prendo Birra alla spina prego“ fließt es da aus mir heraus. Sie lacht. Dolce vino bianco? Si. Sarah bestellt ein Glas und ich füge noch „aqua minerale con gas“ hinzu und ernte ein weiteres Lächeln der italienischen Schönheit. Certamente. Grazie. Als wir noch Italienisch lernten, war der Höhepunkt jedes Semesters der Abschlussabend im Würzburger Da Luigi/ Bella Napoli. Maurizio Marsico, der damalige Oberkellner und heutige Nachfolger des früheren Pächters, schmeichelte mir immer mit der Anrede „Professore“. Die Bestelllung auf Italienisch und Smalltalk waren kein Problem – damals. Wir müssen mal wieder ins Da Luigi, denke ich mir. Marsicos Spezialwitz war jedes Mal „birra senza piombo“.

Zurück im Zimmer – Fernseher an. Enttäuschung macht sich breit. Kein einziges deutsch- oder englischsprachiges Programm, dafür gefühlte 5000 schwachsinnige italienische Sender. Aber das Wlan ist vorzüglich. Die Abende sind gerettet: Sarah und  die Bavarian Daily Soap „Dahoam is Dahoam“ und für mich „Die Rosenheim Cops“ auf dem ipod- Bildschirm.

Fortsetzung folgt!

Orta- See – Hin und Zurück – eine Reiseerzählung Teil 1

Du, wie wär´s mit nem Kurzurlaub vor Pfingsten? Sarah saß über der morgendlichen Lektüre der Main Post. Sie mag es nicht dabei gestört zu werden. Was? Hallo Kurzurlaub vor Pfingsten, beharre ich. Wohin denn ? , gibt sie etwas mürrisch zurück. Ich suche für uns was Nettes bei „Spar Mit“ heraus.

Lass uns später darüber nachdenken, ich muss ja erst mal wegen der Apotheke schauen, weiß nicht, wie es mit einer eventuellen Vertretung übernächste Woche aussieht.

Mit der Kaffeetasse verzog ich mich in mein Arbeitszimmer verfolgt von Stanley, dem braunen Labrador, der sich sofort auf dem Perserteppich  niederlässt, um wenig später in seinen Verdauungsschlaf zu verfallen. Computer an und die „Spar Mit“- Webseite auf dem vergilbten Monitor aufrufen. Auf „Spar Mit“ kenne ich mich aus. Meine Lieblingsurlaubsplattform, ob Schwarzwald, Ostsee, Erzgebirge, Österreich, Schweiz, Kroatien oder Italien. 10 % Treuebonus gibt´s für mich Vielbucher. Da guckt Sarah mit „Troublezoo“ in die Röhre. Also mal schauen. Thema wählen: Städte, Meer, Berge und Seen. Berge und Seen jawohl. Tirol, Vorarlberg, Zell am See….. Ich blättere in den Angeboten. Österreich, die Preise haben angezogen. Oberitalienische Seen vielleicht. Alles ausgebucht, ja nach der Pandemie ist der Run groß. Gardasee kann man vergessen. Selbiges für Comer See. Ameno am Ortasee! Kennen wir. Das Angebot klingt nicht schlecht. Warum nicht eine Wiederholungstat? Dolce Vita mit Sarah genießen. Fünf Übernachtungen in grüner Umgebung, Halbpension – drei-gängiges Abendmenü, kostenloser Parkplatz für schlappe 257.- € pro Nase. Vier-Jahre-alte Erinnerungen werden wach, Abendessen auf der Terrasse mit herrlichem Blick auf den rosanen schneebedeckten Viertausender Monterosa.

Beim Mittagessen frage ich Sarah, ob ich nicht buchen soll. Wäre ja wohl günstig und dass wir wieder mal raus müssten. Nach all dem Corona. Es bedarf keiner weiteren Überredung. Mit ihrem roten Cabrio in den Süden, das zieht. Hoffentlich geht´s Verdeck auch wirklich auf. Mal vorher ausprobieren. Also buch´ mal. Endlich am frühen Abend kommt die Buchungsbestätigung vom Hotel. Ich freue mich. Am liebsten würde ich sofort die Koffer vom Dachboden herunterholen und packen.

Die folgende Woche vergeht extrem langsam. Während Sarah in der Apotheke Vollbeschäftigung hat, quält mich die Langeweile. Mir fehlt die Energie irgendwas zu tun. Ich denke nur noch an Ameno. Checke permanent die Wetterapp wie es nächste Woche im Piemont aussehen wird. Was? Kälter als in Würzburg und Regen. Absolute Verschwiegenheit gegenüber Sarah. Sonst kommt das Unweigerliche „da können wir doch dableiben“ oder „willst du nicht stornieren“. Naja noch zwei Tage bis zur Abreise. Samstagswettercheck, Wetter sieht gar nicht mehr so schlecht aus. Samstagnachmittag Koffer gepackt. Ich habe den großen Rucksack mit meinem Allernötigsten gefüllt. Willst du den wirklich mitnehmen, langt nicht der kleine Rote, fragt Sarah jedes Mal. Was muss das muss: zwei Tafeln Schokolode, Weingummi, Kekse, Erdnuss-Flips, Karl-May-Schmöker „Kapitän Kaiman“, drei Norma-Lesebrillen, Ipod mit allen meiner Lieblingsalben, Kopfhörer (Sarah mag es nicht meine Musik zu hören, vor allem sie hasst Gary Moore!), USB-Ladekabel in mehrfacher Ausführung, Sonnenbrille und—creme, Original-Cherokee-Schildkappe, Kompass, ein Schweizer Messer und ein französisches klappbares Opinel.

Tageslicht stiehlt sich durch die Rollo-Ritzen. Endlich Sonntagmorgen. Ich bin schon seit 5 Uhr wach und kann nicht mehr schlafen und könnte zum Weckruf ansetzen: Sarah schlummert immer noch, dreht sich auf die andere Seite, Hoffnung keimt kurzzeitig auf und im gleichen Moment ratzt sie einfach weiter. Ich produziere diverse Geräusche, schaue dauernd auf den Wecker, stelle ihn lautstark auf das Holzboard zurück. Nix tut sich. Fast lautloses Atmen. Ich warte und warte. Raus aus den Federn. Ich geh mit Stanley Gassi. Der ist seit gestern beleidigt, denn, sobald er sieht, dass Koffer geholt werden, weiß er, dass Herrchen und Frauchen für ein paar Tage verschwinden und er von unserem Bekannten und Hundefreund Fritz versorgt wird. Frühstückstisch gedeckt. Sarah setzt sich schlaftrunken an selbigen. Sie lässt sich Zeit, liest auch noch die Sonntagszeitung. Wir wollen doch spätestens um 9 Uhr los. Die Fahrtroute habe ich schon seit Tagen auf dem Handy gespeichert und die Offline-Karte heruntergeladen. Herrje. Die Zeit drängt mich. Koffer Schuhtasche ( ich zwei Paar, sie 6 Paar) und den Rucksack mit Tee, belegten Brötchen und polnischen Würsten vervollständigt alles im Kofferraum verladen.

Blick ins Badezimmer, beide Spiegel aufgeklappt, das heißt man schminkt und kämmt sich, das kann dauern. Du hast noch Zahnpasta in den Mundwinkeln, Waschfleck her. Schn ist mein Mund abgewischt. Alle Türen und Fenster kontrollieren. Geldbeutel, Führerschein, Autoschlüssel…. Endabnahme. Stanleys Leine mitsamt Hundekissen, Schüssel und seiner Verpflegung für Fritz vor der Haustür ablegen. Brav sein Stanley. Stanley verzieht sich nach dem Tätscheln in den Garten und lässt sich in der Morgensonne nieder. Endlich im Auto sitzend: Kreuzzeichen und „in Gottes Namen“- wie immer. Mein Handy hängt vom Magnet gehalten am Lüftungsschlitz in der Mittelkonsole. Die weibliche Stimme befiehlt: Richtung Westen. Wir setzen uns in Bewegung. Sarah fährt und ich bin der Navigator, der sie auf der Route hält.

Ich liebe es mit dieser Frau auf Ausfahrt zu gehen. Was wir zwei schon alles so erlebt haben. Keine Ausfahrt ohne Abenteuer. Die müssen wir zwei irgendwie anziehen. Während Sarah die ersten 50 km auf der A7 zurücklegt, kommt mir eines in den Sinn. Das bisher Gefährlichste, ja fast Tödliche hatten wir im April 2012 in dem kleinen Dorf Unsere Liebe Frau im Walde bei Meran. Eine Hand voll Gehöfte liegen etwa auf 1300 m. Wetter damals gut. Tags zuvor hatte es ca. 25 cm Neuschnee gegeben, geführte Schneeschuhwanderung und der Warnung des Bergführers vor Wanderungen in schneebedeckten Gebieten. Am folgenden Morgen war das Weiß  aber bereits von der kräftigen Aprilsonne aufgeleckt. Wir beschließen über den Felix Weiher zum 1812 m hohen Schönegg zu wandern. Die Sonne scheint zwar wunderbar, aber je höher wir kommen desto mehr Schnee begleitet uns. Wir folgen den Fußstapfen im Schnee zum Gipfelkreuz, tragen uns lachend im Gipfelbuch ein und folgen dem Wegweiser zum Gampenpass.

Immer weiter geht es durch den Schnee, dann undeutliche Spur und keine roten Wegmarkierungen mehr zu sehen. Wir suchen nach dem Weg – folgen falschen Fährten. Gehen zur letzten Markierung zurück, die Kräfte schwinden die Nerven liegen blank. Wir folgen Wegen, die keine sind und rutschen trotz Wanderschuhen auf dem Schnee und dem darunter liegenden Laub permanent aus und ab, klettern immer langsamer mit zunehmend nachlassenden Kräften wieder hoch. Schlagzeile in der Main Post: Paar aus Würzburg bei Meran tod aufgefunden. Wir horchen in die Stille. Kleidung klamm. Irgendwo Autoverkehr? Ein Hund bellt. Wir folgen der Richtung. Wir sind echt am Ende. Schließlich erreichen wir den Gampenpass und kommen um 17.30 Uhr völlig entkräftet im Hotel an.

Mein Blick fällt auf den Tacho. 90 km/h kommen mir heute wie 120 km vor. Der Tunnel kommt. Rotes Licht flammt blitzschnell auf. Wieso? Was? Geblitzt! Der Blick aufs Handy zeigt satte 130 km. Sarahs Tacho zeigt 70 km/h. Oh verdammt. Ab diesem Punkt gebe ich Sarah die momentane Geschwindigkeit an und warne bei entsprechender Tempo-Beschränkung. Sarah weiß nicht seit wann der Tacho fehl geht. Ich sehe schon den Briefkasten vor Strafmandaten überquellen und Sarahs Führerschein ist weg. MPU wegen notorischer Geschwindigkeitsübertretungen. Sarah lacht darüber. Du bist echt immer zu besorgt. Mal nicht den Teufel an die Wand.

Es geht gut voran, auf der Gegenfahrbahn weniger. Dauernd Stau und stockender Verkehr. Das Wetter wird besser je weiter wir in südlicher Richtung fahren. Durchs Allgäu geht´s, ich denke augenblicklich an „Krautkrapfe“. Empfehlenswert die Wirtschaft in Bad Grönenbach zum Kohlenschieber. Leider kommen wir da heute nicht vorbei. Ja  wir halten mal, wenn wir in Bregenz sind, meint Sarah. Austreten auf WC-Parkplatz.

Bregenz

In Hard kurz nach Bregenz halten wir dann und futtern unter einem Birnbaum Brötchen, Hartwürste und Äpfel. Trinke du auch mal, kommt immer ihre Aufforderung. Wir fahren nach Höchst wieder auf die Autobahn und  erstehen dann auf einem äußerst hässlichen Schweizer Rasthof eine Vignette, eine Schachtel sündteurer Lucky Strike und zwei Cornetto Lemon. Ab jetzt ist mein Gewissen beruhigt, nicht dass noch Schweizer Gendarmen uns zur Kasse bitten. Gemächlich geht es an Vaduz, Sagans und Chur vorbei. Bei den Namen denke ich an meine Jugendzeit, Skilaufen am Pizol, Davos, die Kurfürsten…. Überhaupt, wenn der Hinweis auf die Via Mala erscheint, entstehen Bilder von Heidi, Mario Adorf (der Böse im Via Mala – Drama) Bernhardiner mit Fässchen und Heinz Rühmann natürlich. „Es geschah am helllichten Tag“ – einer meiner Lieblingsfilme. Da kam mir die Schweiz so nah. Graubünden – der Steinbock auf dem Autokennzeichen, der zum Kindermörder „Schrott“ führt. Gert Fröbe genial als geknechteter Ehemann. Schokoigel. Das Wort so schön im Schweizer Dialekt. San Bernhardino Tunnel, Serpentinen. Auf der Gegenfahrbahn staut sich immer wieder der Verkehr. Die Armen tun mir leid. Das wird eine lange Heimfahrt. Sarah hofft, dass wir am kommenden Freitag nicht dasselbe erleben werden. Die Pfingstferien beginnen. Wir cruisen gemütlich so dahin. Italienische Machos mit dunklen Sonnenbrillen mustern beim Überholvorgang lächelnd die gut aussehende Cabrio-Fahrerin mit den blonden Haaren. Was will denn der Depp, der Aff`… so wenig schmeichelhaft sind Sarahs Kommentare, wenn die Kerle sich ewig Zeit zum Überholen lassen, um sich dann mit reduzierter Geschwindigkeit vor ihr rotes Cabrio zu setzen. Sofort in den Rückspiegel dann blicken, um die Reaktion der Fahrerin zu erhaschen.

Depp. Sarah gibt Gas und überholt. Wenig später same procedure –  Geplänkel. Sorazza, Lostallo, Gama, Crono, Roveredo. Italienische Schweiz. Wunderschön grün alles. Hier hat´s, schein es, die letzten Wochen kräftig geregnet. Tut dem Auge gut. Bellinzona. Herrliche Stadt mit der Festung. Lugano. Die Stadt am malerischen See. Tolle Ferienwohnung damals in den Neunzigern. Mit dem Fiat Tipo. Wanderungen Monte Bre. Morcote. Schokomuseum „Alprose“. Pralinen und Schokolade bis zum Abwinken. Giovanni unserem Mittleren war´s danach so schlecht. Unvergesslicher Urlaub.

Fortsetzung folgt!!!!

Die Ehefrau – der trickreiche Immobilienmakler oder gar Herr Professor ? Wer ist der Mörder? Letzter Teil des Würzburger Krimis! Gute Unterhaltung!

(Wer die bisherigen Teile verpasst hat, gibt bei der Lupe „Krimi“ ein!)

Müller kommt auf dem Rückweg zu seinem Auto wieder bei Anton vorbei, der gerade sein Auto noch mal nachledert. Danke für den Hinweis mit dem Nachbarschaftsstreit. Gern geschehen. Kennen Sie den Brandner, fragt Anton. Ein unsympathischer Zeitgenosse. Der kämpft mit harten Bandagen. Seiner Meinung nach hat  Brandner Dreck am Stecken. Jeder weiß es, aber keiner traut sich, was gegen den Herrn zu unternehmen. Der hätte seine Spezl überall. Da fließt auch Geld, meint Anton. Müller solle diesem Herrn doch mal auf den Zahn fühlen. Der ginge über Leichen, wenn´s zu seinem Vorteil gereicht.

Am Dienstwagen wartet schon Naßer Zigarette rauchend. Verwertbare Neuigkeiten? Vielleicht. Ein Immobilienmakler, der Druck ausübt und Frau Wasner scheint es vielleicht doch mit der Treue nicht so genau zu nehmen. Zwei Ansatzpunkte. Testament sollte man auch nachfragen.

Kapitel 4

Landhotel in den Weinbergen. Sarah liegt neben Patrick im Bett. Heftige Liebe. Austausch von Körperflüssigkeiten. Ich muss dich unbedingt sehen, bat  Sarah aus der Telefonzelle. Patrick, erst am Donnerstag. Martina fährt mit den Kids zu ihrer Mutter. Sarah steht auf und zieht den Vorhang zurück. Das Sonnenlicht der frühlingsfrühen fränkischen Toskana fällt so wunderschön. Patrick richtet sich im Bett auf. So wunderschön. Sarah dreht sich um, sie müsse den Ermittlern reinen Wein einschenken. Das Verhältnis. Du weißt, was ich darüber denke. Das sei dann für alle Beteiligte das Ende, gibt Patrick zu Bedenken. Das macht alles kaputt.  Martina wird mich ausziehen bis aufs Hemd. Von den Kindern gar nicht zu reden. Sarah und Patrick hatten sich vor einem Jahr kennen gelernt. Prof. Patrick Engert, international renommiert, leitet seit drei Jahren einen interkonfessionellen Projektchor, der bei Mozart-Fest und Bachtagen Deutschlandweit zu überzeugen weiß und stets fest eingeplant ist.. Die Chordamen waren von Beginn an von der charmanten und galanten Art des Chorleiters hingerissen. Sarah war erst vor zwei Jahren zu einem Vorsingen eingeladen und aufgenommen worden. Engert bescheinigte ihr eine hervorragende Altstimme. Nach einer Chorprobe war man sich dann näher gekommen. Ein Absacker in dem kleinen Weinlokal . Sarah hätte so wunderschöne Augen. Ein Kompliment, das eine in der  Mitte der Fünfziger stehende Frau gerne von einem jüngeren Mann aufsaugt. Sarah hatte sich in den smarten, zuvorkommenden Mann verguckt. Gänsehaut. Innerlich aufgewühlt. Sie trafen sich dann öfter nach der Probe, telefonierten miteinander. Ihr Tete à Tete verlief von den anderen unbemerkt – da waren sich beide sicher und vorsichtig -, aber zunehmend intensiver. Lügengerüste wurden für die heimlichen Treffen beidseitig aufgebaut. Spuren verwischt. Sarah wusste für sich, dass sie sich niemals von Norbert trennen würde. Klar die körperliche Attraktivität war zu Patrick kein Vergleich. Es war mehr das gelegentliche Genießen, das punktuelle Fallenlassen, aber deswegen eine dreißigjährige Beziehung zu beenden? Einem absolut verlässlichen Partner und Freund Adieu zu sagen? Niemals. Bei Patrick ist es anders. Er leidet unter der Knechtschaft seiner erfolgreichen Oberstaatsanwältin. Klischeehaft wie in einer Rosamunde Pilcher Folge. Wer mag es schon, permanent untergebuttert zu werden? Ewige Nerven aufreibende Nörgeleien: DU solltest…. DU könntest….. In den Stunden mit Sarah genießt er nicht nur das Körperliche. Er liebt Sarahs ruhige gelassene Art, dieses Laissez-Faire. Ihre Abgeklärtheit, die Lebenserfahrung. Wie gerne würde er, trotz des Altersunterschieds mit ihr zusammen sein. Patrick ist ein Zauderer, ein Angsthase , der sich vor der eigenen Courage aus dem Staub macht. Eigentlich ist er total spießig, Skandale und Auseinandersetzungen fürchtend, die Angst vor Konsequenzen, wenn seine Frau alle Register bei einer Trennung zöge. Ausziehen bis aufs Hemd. Geschehe im Recht. Nicht selten stieg Zorn und Wut in Patrick auf, wenn Sarah nach dem Liebesakt aufstand, und er wusste, dass sie nun wieder zu ihrem Mann zurückkehren würde. Die vielen Stunden die ihr „Nobbi“ mit Sarah verbringen darf, neide er ihm. Blanke Eifersucht. Wann sie sich wieder sehen würden? Dann könnte man darüber nochmals reden. Vielleicht kann man ja ermittlungstechnisch auch den Ball flach halten. Das muss doch gar nicht an die große Glocke gehängt werden. Sarah hatte den Entschluss zur Beichte allerdings schon gefasst.

Kapitel 5

Naßer hatte Sarah oberservieren lassen und um 8 Uhr den Kollegen abgelöst. Der Duft  des Kaffee erfüllt den Innenraum des zivilen Dienstwagens. Die Thermoskanne im Cupholder links, Fotokamera auf dem Beifahrersitz. Zehn Autos auf dem Hotel-Parkplatz in den Weinbergen. 9.30 Uhr Patrick Engert, Cabrio-Haltername durch Kennzeichenabfrage, mit Sonnenbrille kommt und fährt. Naßer notiert. Keine fünf Minuten später, Sarah verlässt das Hotel. Sie schaut sich um. Der Typ im weißen 1er-BMW kommt ihr bekannt vor. Naßer versucht sich abzuwenden. Zu spät. Sarah tritt neben das Auto. N lässt die Scheibe herunterfahren. Sarah beichtet.

Martina öffnet den Briefkasten. Überfliegt die Post. Patrick sitzt am Frühstückstisch. Für dich. Polizeipräsidium Würzburg. Patrick zuckt zusammen. Er sei neulich geblitzt worden, lügt er. Nach der vormittäglichen Probe mit dem Orchester der Musikhochschule fährt Patrick zum Präsidium.

Polizeiliche Vorladung/ Vernehmung

Die Vorladung erfolgt in aller Regel schriftlich. Der verletzte Tatbestand wird Ihnen mitgeteilt. Weiterhin erfahren Sie den Ort und den vorgesehenen Beginn der Vernehmung. Vor der Vernehmung wird Ihnen erläutert, welche Tathandlung Ihnen vorgeworfen wird und wer der Geschädigte ist.

Er muss vor dem Vernehmungsraum im Kommissariat warten. Müller eröffnet das Gespräch mit der Aussage Sarahs über das Verhältnis mit ihm. Engert bittet die Sache diskret zu behandeln. Er hätte doch einiges zu verlieren. Seine Frau wisse also nichts davon. Wäre das ein Scheidungsgrund für seine Frau? Wahrscheinlich ja, gibt Engert zu. Wie stark seine Bindung zu Sarah Wasner wäre? Die Sache mit Frau Wasner sei nur eine Affäre. Gab es deren mehrere? Engert bejaht einige Techtelmechtel mit Musikstudentinnen und weiteren Chordamen gehabt zu haben. Sarah meinte bei der Vernehmung, dass sie bei ihm Anflüge von Eifersucht herausgehört hätte. Engert streitet vehement ab, es sei nur ein Seitensprung aus dem Ehealltag Nichts weiter. Habe er Norbert Wasner mal persönlich kennen gelernt? Er hätte Wasner nach den Konzerten gesehen und auch einige Male mit ihm gesprochen.  Wo er am Tatabend gewesen wäre? Man werde ihn doch nicht verdächtigen? Am Tatabend war seine Frau mit den Kindern bei einer Freundin gewesen. Er war allein zuhause und habe Cello gespielt. Seine Frau sei dann etwa um 21 Uhr  zurückgekehrt.  Also keine Zeugen, kein Alibi für die Tatzeit. Das müsse natürlich überprüft werden. Ob seine Frau von dem Verhältnis gewusst haben könnte? Patrick bestreitet dies. Und Sarah? Wie sieht sie die Beziehung? Sie teilt meine Auffassung. Nur ein Ausleben des Triebes, ein Entfliehen des Ehealltags. Mehr nicht. Engert wird entlassen.

Ekelhaft der Typ, meint Naßer. Ist in Frau Wasner vernarrt. Zuhause kuscht er. Kein Alibi, so Naßer. Trotzdem traue ich ihm die Tat nicht zu, meint Müller. Der hat zu viel Schiss, ein Weichei, das keinen Hammer schwingt.

Sarah ist froh reinen Tisch gemacht zu haben. Die erste Zeit der Trauer war durch die notwendigen Tätigkeiten leicht zu ertragen bzw. abgefedert. Es war Trubel, die Kinder mit Anhang da. Beerdigungsangelegenheiten mit dem Institut abklären, ausräumen, nach Dokumenten suchen, Schriftverkehr erledigen. Patrick ist ein unregelmäßiger Zeitvertreib, sie braucht wenigstens ab und zu körperliche Wärme. Im Grunde die bequemste Art, problemlos und konfliktfrei. Sie dachte über Patrick nach – den smarten. War es für ihn dasselbe? Sie musste an manche Äußerung denken. Es fällt ihm schwer zu teilen. Die abfälligen Äußerungen über Norbert – den alten Trottel. Er hasste ihn insgeheim, oder? Sarah machte sich von dem Gedanken los. Das könne man Patrick nicht zutrauen, so gut kenne sie ihn. Außerdem wolle er ja auch aus finanziellen Gründen die Ehe mit Frau Oberstaatsanwältin aufrechterhalten.

Der ganze Kram nach einem Sterbefall ist erledigt, Sarah fühlt sich so leer. Diese ungewohnte Stille im Haus. Nachts schreckt sie oft aus dem Schlaf auf, langt intuitiv auf die linke Seite, wo Norbert mit dem Gesicht zur Außenwand zu ruhen gedachte. Sein ruhiges Atmen im Tiefschlaf, auch sein Schnarchen bisweilen, jetzt obsolet. Lautlosigkeit. Keine Geräusche aus dem Arbeitszimmer. Keine Musik, kein Gitarrengeklimper. Die Luft ohne Stanleys Ausdünstungen. Hundehaare Fehlanzeige. Jetzt wäre der Fellwechsel gewesen. Keine Tappen von nassen Hundefüßen. Wie oft hatte sie Stanley verflucht? Herr und Hund fehlen. Das Rasenmähen obliegt jetzt ihr. Morgen. Sarah beschließt einen Nachmittagsspaziergang zu machen. Nicht selten hat sie Norbert beim Ausführen des Hundes begleitet. Frau Schmitt begegnet ihr. Schmitt ist es unangenehm. Sie grüßt kurz. Was soll man zu einer Witwe sagen? Sarah ist es lieber so. Sie hat keine Lust auf bemitleidende Gespräche. Norbert war da anders, er hat dann immer irgendwelche Dinge erzählt. Meist irgendwelche Belanglosigkeiten. Das war Sarah oft peinlich, besonders, wenn er von Umbauten im eigenen Haus sprach. Die Leute dachten,  man würde ein weiteres Stockwerk aufsetzen oder anbauen, dabei war nur der Gas- und Wasserinstallateur oder der Elektriker zu Gange.

Apropos Umbau. Bei Prof. Funke geht die Entkernung des Hauses voran. Das wäre nun tägliches Gesprächsthema gewesen. Nach jedem Gang mit Stanley hätte Norbert über den Fortschritt des Umbaus berichtet. Dabei hätten seine Augen geleuchtet. Das wird ihr jetzt fehlen. Am Anfang des Weinberg Straße braust ein grüner Geländewagen an ihr vorbei. Wenig später sieht sie Anton vor seiner Garage neben dem Wagen stehen. In Franconia-Grün gekleidet. Sie nickt ihm zu. Er kommt auf Sarah zu und nuschelt „Herzliches Beileid“. In der Anhängermulde liegt ein Wildschwein. Die Bauchunterseite offen. Ausgeweidet. Als sie weitergeht, spürt sie begehrliche Blicke in ihrem Rücken. Bei Wiebelsberg sind die Läden unten. Antons Mutter hat sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Man weiß nicht viel über Anton. Er lebt mit seiner Mutter zurückgezogen. Eigentlich kennt man ihn nur als Autopfleger oder Jäger. Unbeschriebenes Blatt, aber seit sie denken kann, hier im Viertel wohnend. Ledig jedenfalls. Aber da fällt ihr ein, Norberts Vater habe Antons Vater mal vor 50 Jahren beim Klauen von Sand auf der Baustelle  nebenan erwischt.

Auf Vorladung ist Immobilienmakler Brandner erschienen. Zornesröte wärmt ihm das Gesicht. Vorwürfe folgen. Was man von ihm wolle? Zeit ist Geld. Er sei Unternehmer  und kein Beamter. Müller wird stinkig und ruppig. Man könne ihn auch noch länger warten lassen. Brandner fährt herunter. Ob er sich an den soundsovielten erinnere? Was er gemacht habe? Unterwegs. Von Frankfurt von einem Geschäftsfreund kommend. Müller spricht die Baustreitigkeiten an. Es wäre ja seit Jahren eine offene Feindschaft gewesen. Zu Brandners Nachteil. Welche Kosten ihm durch die Hartnäckigkeit Wasners entstanden wären? Unbedeutend. Er hätte deutschlandweit  viele Eisen im Feuer. Nur eines von hundert Bauprojekten. Solche Auseinandersetzungen seien an der Tagesordnung, versichert er. Müller und Naßer geben sich zufrieden, keinerlei weitere Fragen. Also der fällt aus. Der Baustopp spielt in der Gesamtheit seines finanziellen Engagements wohl eher eine untergeordnete Rolle. Glaube ich auch, stimmt Naßer bei. Wir kommen einfach nicht weiter. Mist. Halten wir fest: Die Tat an Wasner war vielleicht doch kein gezieltes Vorgehen. Die Tat eines Verrückten. Müller sieht schon die Schlagzeile groß in der Main Post. Hammermörder schlägt wieder zu. Aber was war dann der Auslöser? Warum gerade Wasner? Zur falschen Zeit am falschen Ort?

Kapitel 6

Sarah arbeitet seit Montag wieder  in der Apotheke. Timo hatte ihr den Wiederbeginn der Arbeitsaufnahme freigestellt. Arbeit lenkt ab. Mittagspause. Handy vibriert, Patrick ist es, Sarah drückt ihn weg. Sie will nicht mehr.

Er hätte sie angelogen. Martina Brandner-Stubner explodiert förmlich. Die Kinder sind zum Glück im Garten. Helmut – seines Zeichens befreundeter Staatsanwalt – hätte ihn zufällig im Kommissariat gesehen. Aus dem Vernehmungsraum kommend. Es wäre doch jetzt ihr gutes Recht zu erfahren, was da los wäre. Sie könne auch anrufen. Patrick sieht ein, dass ein Leugnen zwecklos ist. Patrick lässt sich neben Martina auf der Couch nieder. Er bemüht sich um eine harmlose Darstellung eines harmlosen Seitensprunges. Der Schuss geht nach hinten los. Oberstaatsanwältin zerlegt Ehemann und nimmt sofort körperliche Distanz an. Wehrt ein Zunahekommen ab. Seit wann läuft das? Womöglich, sei er in dem Mord verstrickt. Liebesdienst vielleicht? Warst du an diesem Abend nicht außer Haus? Schlusswort. Ok, das war´s. Er solle, sich umgehend ein Hotelzimmer nehmen oder zu ihr ziehen. Geschiedene Leute. Er könne sofort seine Sachen packen. Patrick ringt um Fassung. Scherbenhaufen. Martina schließt hinter sich die Terrassentür und geht zu ihren Kindern in den Garten. Sarah anrufen. Sie geht nicht ran. Patrick packt rasch eine Sporttasche mit dem Nötigsten. Was er vermeiden wollte, ist eingetreten. Ja, Scherbenhaufen.

Sarah schaut auf ihr Handy 15 Anrufe. 10 Nachrichten. Patrick bittet um Rückruf, er sei bis 20.15 Uhr in der Hochschule. Sarah zögert, wählt die Nummer. Patrick ist mit den Nerven durch. Sie habe ihn vor die Tür gesetzt, ob er bei Sarah vorbeikommen könne. Es widerstrebe ihr, ihn heute zu sehen. Sie müsse erst mal Abstand gewinnen. Er erinnert an die erste zusammen verbrachte Nacht im Landhotel. Er möchte jetzt Nägel mit Köpfen machen, er liebe sie. Er brauche sie, gerade jetzt. Ob er nicht doch bei ihr vorbeikommen könne, dann würde man weiter sehen. Sarah bittet ihn nicht weiter auf sie einzudringen und bricht das Gespräch ab.

In den nächsten Tagen blockiert Sarah die Anrufe Patricks.

Müller und Naßer tappen weiter im Dunkeln. Keine neuen Spuren. Kein Motiv erkennbar. Es Testament bedenkt vor allem die Kinder. Sarah hat den Nießbrauch des Hauses. Bei einer neuerlichen Vernehmung  Brandners erfahren sie, dass Sarah den baulichen Rechtstreit beenden will.

Der Fall wird erst mal beiseitegelegt. Ungelöst. In regelmäßigem Turnus nimmt Müller die Akte wieder zur Hand. Wie oft ist er schon den Gassiweg entlang gegangen. Auch heute wieder. Allmählich kennt er alle Anwohner. Die auf der Straße spielenden Kinder grüßen schon sogar den Kriminaler und fordern Müller zum Schusswechsel auf.  Er solle doch mal seine Waffe zeigen. Das Haus von Prof. Funke wird demnächst  von einem jungen Paar mit zwei kleinen Kindern bezogen. Die  Hecke von Familie Grönnert wuchert vor sich hin. Dass die das nicht sehen?

Herr Schmitt fährt ein neues Sportwagencabrio mit blonder Beifahrerin. Irgendwas habe er in seinem Leben doch falsch gemacht, sinniert Müller.  Allmählich kenne er wohl jeden Stein auf seinem Weg zu der Weinbergshecke, an der Herrchen und Hund gefunden wurden. Sarah hat an der Stelle ein kleines Holzkreuz errichtet. Die kleinen Blumensträußchen werden scheinbar wöchentlich neu hingelegt. Würde das eine Mörderin tun? Wohl kaum. Nein Sarah war es nicht. Wo hat Norbert seinen Mörder getroffen? Aus welchem Grund greift der zum Hammer? Hat er hier gewartet? Oder ist er Norbert gefolgt? Wollte er mit seiner Tat etwas rächen? Vertuschen? Ungeschehen machen? Hat sich Norbert etwas zu Schulden kommen lassen? Hatte er selbst Dreck am Stecken?  Müller war von der  Gedankenrichtung begeistert. Diese hatte man gleich zu Anfang  schnell verworfen. Aus gutem Grund damals. Ein Beamter in leitender Verwaltungsposition , der im August in den wohl verdienten Ruhestand geht, der sich nie im Leben etwas zu Schulden kommen lässt. Bis vor kurzem Pfarrgemeinderatsmitglied. Mit dem Pfarrer auf du und du. Engagiert und freigiebig. Vielleicht alles nur Fassade. Tiefgehende Recherche über Wasner. Alles durchleuchtet. Norbert Wasner hat eine reine Weste. Absolut weiß.

Kapitel 7

Naßers Schädel schien zu platzen. Sein Hemd unterhalb der Brust warm durchfeuchtet. Es war dunkel. Geknebelt. Die Hände auf dem Rücken fest zusammengebunden. Verschnürt wie die  Zeitungspakete am Straßenrand, wenn Altpapiersammlung ist. Über seinem Kopf eine sackleinerne Verhüllung und in einer Wolldecke eingewickelt. Er lauscht dem Fahrgeräusch. Dann Stille. Eine Autotür wird geöffnet. Schritte entfernen sich. Stille. Andere Autotür wird geöffnet. Man entnimmt irgendetwas. Schritte entfernen sich. Naßer versucht sich – das lebende Paket zu bewegen. Hände frei vielleicht. Der Kopf schmerzt. Spürt er eine beginnende Eintrübung? Die warme Flüssigkeit hat die Unterhose erreicht, seinen linken Oberschenkel.  Zwecklose Bemühungen. Naßer horcht in die Dunkelheit. Waldgeräusche. Regelmäßiges Tun in der Nähe. Was ist das für ein Geräusch? Naßer durchforstet sein Gehirn. Die Zeit vergeht. Gleichmäßige Geräusche, schweres Atmen. Naßer wird müde, die ganze linke Seite ist nun nass. Naßers Gehirn arbeitet. Was? Wie? Wo? Schritte nähern sich. Ganz nah. Öffnungsgeräusch Heckklappe. Naßer zuckt und ruckt panisch. Man fasst ihn und lässt ihn wie einen Sack Kartoffeln über der Ladekante auf den Boden plumpsen. Naßer versucht zu formulieren, zu schreien, erntet nur erstickende Laute, dumpf verhallendes Quengeln.

Jemand packt ihn. Ein kräftiges Seil wird unter den Achseln hindurchgeschoben. Hallo, was soll das? Naßer bewegt sich hin und her. Versuch auf die Füße zu kommen – vergeblich. Die Last setzt sich in Bewegung. Man schleift ihn über nassen Waldboden. Fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Meter weit, dazwischen pausiert er. Atmet tief. Naßer hört sein Atmen. Der Zug  geht weiter. Dann stopp. Pause. Man packt ihn erneut, zieht und lässt ihn gleiten. Tief. Die Raumakustik hat sich verändert. Dumpf. Veränderter Schall. Naßer versucht zu schreien. Der Knebel zieht sich stramm in die Mundwinkel. Erdhaufen, Schaufel. Das Geräusch einer Beerdigung. Schaufelladungen machen ein dumpfes Geräusch. Erde mit Blättern vermischt bedeckt seine Brust, seine Beine, seinen Kopf. Naßer versteht. Er will kämpfen. Kopf drehen. Luftraum schaffen. Die Last wird schwerer. Dumpf. Brustkorb hebt und senkt sich, aufbäumender Lebenswille,  zunehmend wirkungsloser. Zuletzt nur noch krampfhaft.

Montag. Naßer nocht nicht da? Jenny soll mal anrufen. Meldet sich keiner weder Handy noch Festnetz. Steckt vielleicht im morgendlichen Stau. Müller stürzt sich in die Arbeit. Alte Fälle wieder aufgreifen. Immer noch nichts von Naßer? Jenny verneint.  Wen anrufen? Naßer ist ledig, Single-Haushalt. Er weiß wenig über seinen Kollegen. Immer noch Mailbox. Kollege Sturm erscheint. Vermisstenanzeige einer Frau. Ihr Freund namens Thomas Naßer wird seit Sonntag vermisst. Ist noch da. Müller begibt sich an die Kanzel. Sie sei die Freundin von Thomas. Sie wären am Sonntag verabredet gewesen. Er hätte auf keinen Anruf oder Mitteilungen reagiert. Sie mache sich Sorgen, das sei sie nicht von ihm gewohnt. Sie war bis Samstag in Hamburg. Dienstlich. Letztes Telefonat war am Freitagnachmittag. Sie war bei seiner Wohnung. Auto steht davor. Sie hätte keinen Wohnungsschlüssel. Müller bietet ihr an mit ihr zur Wohnung zu fahren. Man klingelt. Nichts. Ob sie wisse, ob es einen Hauswart gebe. Susanne verneint. Der Bewohner aus dem Souterrain kann helfen. Der Hauseigentümer öffnet. Verlassen, Computer läuft, alles normal, halb gefülltes Limonadenglas auf dem Wohnzimmertisch. Susanne meint, seine Turnschuhe würden fehlen. Außerdem hätte er immer sein Rennrad mit hoch genommen. Blaues Rad. Ist also mit dem Rad unterwegs gewesen. Unfall, läutet es bei Müller. Man verlässt die Wohnung. Müller klappert telefonisch die Unfallklinken ab. Fehlanzeige.

Handyortung

Für die Ortung einer Person mittels eines Handys oder GPS-Sensors brauchst man eine schriftliche Einwilligung von der betroffenen Person. Der Aufenthaltsort gehört zur den personenbezogen Daten, welche die Datenschutzgrundverordnung schützt.

Solange sich ein Mobiltelefon im Standby-Modus befindet, weiß der Provider nur grob, in welcher Gegend („Location Area“) sich ein Gerät befindet. Dieser Bereich kann mehrere Quadratkilometer und viele Funkstationen umfassen. Um den Standort genauer bestimmen zu können, senden die Sicherheitsbehörden eine „stille SMS“ an das Handy. Der Empfang der SMS bewirkt eine Rückmeldung des Mobiltelefons bei der Funkzelle. Der Provider sieht damit, in welcher Funkzelle genau das Telefon eingebucht ist und kann diese Information an die Behörden weiterreichen.

Die Handyortung verläuft im Sande. Das letzte Mal hat Naßer von seiner Wohnung aus mit Susanne telefoniert. Müller bittet Susanne sich sofort zu melden, falls Naßer sich melden sollte. Er wolle, das selbe tun. Vermisstenmeldung in der Main Post.

Main Post vom24.4. Lokales

Magnetfischer findet Rad des vermissten Polizisten

Müller ist fertig. Das Rad im Fluss. Am Rad keine Spuren eines Unfalles oder Gewalteinwirkung. Man befragt Verwandte, Bekannte und natürlich Susanne, ob Naßer psychische Probleme, Medikamenten-, Drogen- oder Alkoholprobleme  gehabt hätte. Suizidgefahr? Auch Müller verneint. Netter, zu Späßen aufgelegter, ausgeglichener Kollege. Die Aufrufe im Fernsehen und Radio, die Vermisstenanzeigen führten zu keinen Hinweisen. Genauso Helikopterflüge mit Wärmebildkamera.

Müller hat jetzt eine junge Kommissarin zugeteilt bekommen. Frau Thein. Susanne ruft immer wieder an, ob es Neuigkeiten gäbe. Naßers Verschwinden bleibt rätselhaft. Wo ist er an jenem Freitagabend hingefahren? Die Wasserschutzpolizei hat keinen Leichenfund gemeldet, auch an den Schleusen wurde nichts angetrieben. Müller sucht zum letzten Mal in der Wohnung nach Hinweisen, bevor sie aufgelöst wird. Sinnlos eigentlich, denn die Spurensicherung hatte akribisch gearbeitet. Spurlos.

Womit hat sich Naßer an jenem Freitag seines Verschwindens beschäftigt? Müller versucht ihren Diensttag zu rekapitulieren. Aktenstudium. Jeder für sich. Woran hatte er gearbeitet. Er fragt Thein, wo sie  Naßers Schreibtischkram hinhätte. Sie verweist auf einen Aktenwagen der gleich neben dem Kopierer steht. Die Mordakte Wasner liegt oben auf. Farbige Aufkleber lugen aus dem prall gefüllten Schnellhefter. Wie soll das mit seinem Verschwinden zusammengehen? Gibt doch keine Verbindung. Woher auch? Aus welchem Grund? Müller legt die Akte auf seinen Schreibtisch und nimmt sich vor, den Fall Wasner wieder neu zu betrachten.

Müller besucht Sarah Wasner. Er wolle mal vorbeikommen und auch nachfragen, ob ihr vielleicht mit Abstand doch noch was eingefallen wäre. Sarah verneint und wiederholt, dass Norbert keine Feinde gehabt hätte. Alles verlief normal. Müller stellt durch das Fenster fest, der Bau geht voran. Ja sie habe sich mit Brandner arrangiert. Es gehe ihn ja nichts an, sie brauche nicht darauf zu antworten, aber sei sie noch mi Engert liiert. Sarah verneint, die Sache wäre endgültig vorbei. Sie habe auch keinen Kontakt mehr zu Engert. Sie wisse nur, dass Patrick von Frau und Kinder verlassen wurde. Er wohne nun in einem Vorort. Müller bricht auf. Wieder läuft er die Weinberg Straße entlang in Richtung der Weinberge zum Tatort. Unter dem Holzkreuz liegt wieder ein nettes Sträußchen. Sie war es nicht, denkt Müller. Er kennt sich jetzt bestens aus in diesem Villenviertel. Er sieht inzwischen auch geringste Veränderungen. Funkes Garage hat einen neuen grauen Anstrich bekommen. Die junge Familie Gretsch hat Prof Funkes einstiges Domizil erworben und die Garage mit Möbeln und allerlei Hausrat bestückt. Spielgeräte verschiedenster Art liegen im Garten herum.. Das Gras rundherum sieht stark gebeutelt aus. Schöne Gegend mit einem dunklen Punkt, sinniert Müller. Bei Arndts ist oder war Kindergeburtstag. Luftballons flattern am Hauseingang. Herr Schmitt braungebrannt und in knapper Badehose werkelt in der Garage. Nur nicht an den Sportwagen kommen. Anton mäht den Rasen. Benzingeruch des Mähers liegt in der Luft. Die Rollos sind unten, es ist ja heute auch extrem heiß. Anton ruft  etwas wie „mache ich später, warte bis ich komme“. Kommunikation mit der schwerhörigen Mutter mutmaßt Müller. Auch bei Frau Wiebelsberg ist der Sonnenschutz heruntergelassen. Der Garten äußerst gepflegt. Müller legt hier weniger Wert darauf. Er liebt es eher südeuropäisch verwildert. Lavendel, wuchernde Kräuter wie Oregano, Thymian, Salbei, Rosmarin und Minze. Zypressen und Feigenbäume. Ob sie einen Gärtner hat. Müller beschließt bei ihr zu klingeln. Nichts tut sich. Hat sich ein bisschen hingelegt vielleicht. Diese Hitze. Müller nimmt sich vor, den Besuch erneut zu versuchen. Vielleicht ist der geschwätzigen alten Dame in der Zwischenzeit etwas eingefallen.

Nichts Neues im Falle Naßers. Man hat ein Bild mit Trauerflor im Gang aufgehängt. Thein hat sich gut eingearbeitet. Ideenreichtum ist wichtig in diesem Job. Ein neuer Mordfall erregt die Gemüter in der Stadt. Raubmord nach Einbruchsversuch. Ein Apotheker in der Budweißer Straße im Villenviertel. Zeugenaussagen vorhanden. Flüchtiger PKW, Fabrikat und Farbe bekannt. Bisher kein Fahndungserfolg. Müller und Thein kommen auf dem Rückweg an der Weinberg Straße vorbei. Müller weist Thein an, mal kurz zu halten. Er wolle mal bei Frau Wiebelsberg vorbeischauen. Der Sonnenschutz ist immer noch unten. Anton kommt gerade durch das Gartentörchen vom Wiebelsberg Grundstück.  Er wolle wohl zu Frau Wiebelsberg, nimmt Anton an. Wiebelsberg sei auf Kur, so Anton. Sie käme erst in drei Wochen zurück. Er besorge die Post und schaue nach dem rechten. Müller bescheinigt ihm große Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Frau Wiebelsberg auf Kur, alles klar. Man fährt wieder ins Präsidium.

Anton wischt sich den Schweiß von der Stirn. Was nun? Er hatte sie im Garten verscharrt. Warum muss die Alte gerade auftauchen, als er das Rennrad verstaut? Sie roch sofort Lunte. Und dann die Frage noch, wo seine Mutter denn sei. Hammer schlägt zu, gnadenlos. Wie lang er ihr Verschwinden wohl vertuschen könne? Müllabfuhr, Versorgungsbetriebe, Bankgeschäfte, Rechnungen, zu leistende Unterschriften. In seinem Kopf rauscht es. Ein Berg von der Alten zu regelnder Dinge fiel ihm ein. Hatte er nicht mit der Angabe “sie sei auf Kur“ den entscheidenden Fehler gemacht. Er hätte sich ob seiner unüberlegten Aussage in den Hintern beißen können. Da war nicht mehr herauszukommen. Nur ein Hinauszögern. Früher oder später würde ihm Müller auf die Schliche kommen. Anton ging zurück auf sein Grundstück. Das Seil in der Garage. Ein kurzer Ruck, den Stuhl zur Seite kicken. Blasenentleerung.

Müller erhält einen Anruf von Sarah, dass in der Weinberg Straße bei Frau Wiebelsberg etwas nicht stimme. Der Briefkasten quelle völlig über. Es öffne niemand. Die Pflanzen dorren vor sich hin. Müller und Thein machen sich auf den Weg. Sarah wartet vor dem Anwesen. Man schaut durch die Fenster. Nichts. Müller schlägt die Küchenscheibe ein, schwingt sich durchs vorhangverhängte Fenster. Es riecht muffig. Müller und Thein durchsuchen das Haus. Keine Spur von Wiebelsberg. Über die Terrassentür gelangt man in den Garten. Hinter dem Haus eine zwei Quadratmeter große längliche Fläche. Grashälmchen, die seit Tagen hätten gewässert werden müssen. Die feinen Triebe schon wieder gelblich geknickt. Anton, fällt es Müller siedend ein. Müller klingelt Sturm. Rollos unten. Nichts rührt sich. Thein klettert über das weiß-lackierte Gartentor und landet auf Bergen von Postsendungen und Zeitungen. Müller rennt um das Haus und klopft an den Rollläden. Die Autos stehen in der Garage, meint Thein. Müller lässt von den Streifenbeamten die Wohnungstür eintreten. Ein Heer von Schmeißfliegen erhebt sich. Verwesungsgeruch nimmt ihnen den Atem. Nichts wie raus. Müller telefoniert. Man rückt an. Die Spurensicherungsleute mit ihren weißen Anzügen bevölkern die Anwesen rechts und links der Straße. Leichensuchhunde schnuppern und werden zweimal fündig. In Antons Keller bei den Werkzeugen findet die Spusi den Hammer. Naßer bleibt verschwunden…….

Stanley, hast du wieder einen gelassen. Pansen gestrichen. Schwänzelnd kommt er unter dem Schreibtisch hervor. Hopp, raus in den Garten mit dir. Oh Mist! Schon 12.30 Uhr. Tempus fugit. Sarah kommt um 13 Uhr. Spaghetti mit Hackfleischsoße schaffe ich noch. Keks als Nachtisch. Gebongt.

Demnächst hier eine amüsante Reiseerzählung von Sarah und Nobbi an den italienischen Ortasee.

Kurzkrimi Fortsetzung Kapitel 2/ Teil 4

Nachbarschaft – was man so alles weiß und hört…

Zurück im Büro meint Naßer, Sarah sei nicht zu trauen. Er glaube nicht an diese heile Ehe. Es käme ihm spanisch vor, auch wie ihre Reaktion damals am Abend des Mordes. Vielleicht sollte doch observiert werden. Die Schwägerin Christine Lang bestätigte, dass Sarah am Tatabend bis ca. 19 Uhr bei ihr gewesen sei. Die Ehe sei gut gewesen. Nur kleine, unbedeutende Streitigkeiten ab und zu. Normal halt. Müller geht ohne Hund im Viertel Gassi. Naßer ist gleichzeitig  in den Weinbergen unterwegs. Das war wohl immer der Weg des Mordopfers. Frau Arndt schaut sich Müllers Ausweis genau an, man liest ja so viel. Die würde man nicht von der Bettkante schubsen, denkt sich Müller. Gute, nicht zu üppige Figur, lange Beine und wallendes kastanienbraunes, weit über die Schultern reichendes Haar. Ja, den hätte sie oft gesehen. Der hätte sie  anzüglich angeguckt und immer eine Zeit lang vor dem Haus gestanden und rüber geschaut. Dann überquerte er die Straße, erinnert sie sich, und dann hätte jedes Mal der Hund am Betonbriefkastenblock sein Bein gehoben. Glauben Sie mir, das gibt hässliche Flecken. Und zwei Meter lange Urindeltas auf dem Gehsteig. Ihr Mann hätte dann dieses gelb-grüne Pulver verstreut. Seitdem sei Ruhe gewesen. Freundlich gegrüßt hätte er immer. Aber sie nicht zurück. Einmal habe er sogar geklingelt. Sie habe nicht geöffnet und weiß auch nicht, was er gewollt hätte. Vielleicht wegen der reifen Quitten im Vorgarten. Er hatte einen Korb dabei. Sie müsse jetzt ihren Jungen von Familie Wegmüller abholen. Und schon sitzt sie im hochbeinigen Panzer, es dieselt. Kurz notieren.

Frau Wiebelsberg von schräg gegenüber, ca. 80 Jahre, steht an der Mülltonne und mustert  Müller neugierig. Sie sind von der Polizei, dass sieht man gleich und schon sprudelt es aus ihr heraus. Müller schämt sich jedes Mal sofort als Polizeibeamter erkannt zu werden. Dabei hat er doch so ein Allerweltsgesicht. Kleidung eher leger. Jeans. Wasner wäre sehr nett gewesen, immer zu einem Späßchen aufgelegt. Sie habe Stanley, den Hund, immer streicheln dürfen. Ein durch und durch feiner Mann. Als Gartenbesitzer hätten sie sich übers Wetter unterhalten. Sei ja schlimm hier in Mainfranken, der fehlende Regen. Er sagte ihr immer voraus, wenn Regen zu erwarten war. und sie die Regentonnen auffüllen konnte. Hilfsbereit also. Montag Nachmittag habe er ihre Mülltonnen immer aufs Grundstück zurückgebracht. Ja, immer hilfsbereit. Im Gegensatz zu manch andern in dieser Straße. Ihr Blick richtet sich zum Nachbarhaus. Sie will weiter ausholen und ob er nicht eine Tasse Kaffee wolle, frisch aufgebrüht. aber Müller will dem Redeschwall  ein Ende bereiten und bedankt sich. Geschwätz und üble Nachrede will er nicht notieren. Ein Haus weiter bei Anton macht keiner auf. Der silberne Oldtimer, flankiert von einem grünen Land Rover, steht blank geputzt in der Garage. Das schaumiges Waschwasser schimmert noch unter dem Kanalrost. Der Vorhang im 1. Stock bewegt sich. Müller versucht es noch mal. Komme, klingt es krächzend aus der Gegensprechanlage. Ein untersetzter Mann mit Halbglatze erscheint an dem weiß-lackierten Holztor, das zusammen mit der akkurat gestutzten Ligusterhecke vor neugierigen Blicken auf das Grundstück schützt. Ob er von der Bluttat gelesen oder gehört hätte und den Mann kenne. Ja natürlich, der wäre ja täglich zwei Mal an seinem Haus vorbeigekommen. Er wüsste auch, dass er ganz vorne in der Weinberg Straße wohne. Schrecklich, was da so passiert. Weiß man schon, was? Müller verneint, man sei ja erst am Anfang, aber mitten in der Untersuchung. Irgendwelche Beobachtungen am Tatabend? Anton verneint. Theaterbesuch mit seiner Mutter, Mozarts Zauberflöte, dann Bürgerstube . Schoppen genießen. Herrn Anton fällt ein, dass er gehört hätte, dass das Mordopfer einen Rechtsstreit mit einem Immobilienmakler gehabt hätte. Vielleicht hilft das ja weiter. Müller bedankt sich. Möglicherweise eine Spur.

Kapitel 3

Müller macht sich Notizen über Antons Aussagen. Er will noch mal zu Sarah Wasner. Nachfragen wegen des Rechtstreites. Sarah öffnet errötet die Tür. Neuigkeiten? Müller verneint und bittet eintreten zu dürfen. Sie hätte Besuch. Müller merkt, dass ihr sein unangemeldeter Besuch nicht in den Kram passt. Sarah führt ihn ins Wohnzimmer. Wo ist denn der Besuch? Müller scannt im Gehen die Wohnung ab. Keine Spur. Sie schließt hastig die Tür. Müller nimmt durch die Verglasung eine Gestalt war. Sarah lügt, unser Sohn, mein Sohn sei zur Unterstützung aus Berlin gekommen. Gibt es einen jahrelangen Rechtstreit?, kommt Müller zur Sache. Allerdings. Das Nachbargrundstück unterhalb. Zwei Mehrfamilienhäuser seien geplant. Nehmen uns voll die Sicht auf die Festung Marienberg. Seit vier Jahren gehe das schon hin und her. Permanent würde es Planänderungen geben, die Bauarbeiten schleppend. Äußerst ärgerlich. Ihr Mann habe sich furchtbar aufgeregt. Der Grundstückeigentümer und Immobilienmogul Herr Brandner sei unnachgiebig und trickreich. Viel Geld im Spiel. Brandner zieht viele Fäden in der Stadt. Nur gerichtliche Auseinandersetzungen oder gab es auch schon andersgeartete, will Müller wissen. Naja, es wird Druck ausgeübt, Brandner lässt Unrat auf das Grundstück bringen, zieht alle Register, man werde regelmäßig schikaniert. Wenn es wieder mal ein Stück vorangeht, werfen ihr die Bauarbeiter Anzüglichkeiten an den Kopf. Die hat Brandner entsprechend sensibilisiert und vielleicht auch finanziell mobilisiert. Ist ein Ende in Sicht? Nein, Stellungskrieg. Müller notiert sich die Umstände mit Brandner. Im Flur sieht er einen hoch gewachsenen Mann, der schnell in ein Zimmer huscht. Wohl kaum der Sohn, denkt sich Müller.

Fortsetzung folgt!!!!!

Kurzkrimi Fortsetzung Teil 3/ Kapitel 2

(Wer die anderen Teile verpasst hat, gibt auf der Startseite neben der Lupe „Kurzkrimi“ ein!)

Man ermittelt.

Kapitel 2

Sarah öffnete die Tür. Zwei Hände mit Ausweisen strecken sich ihr entgegen. Wir müssen Ihnen mitteilen. Naßer zeigt ein Foto auf dem Handy. Tod aufgefunden. Im Weinberg. Erschlagen. Sarah setzt sich. Die Blicke der beiden Herren, die sich als Müller und Naßer vorstellen, betreten. In solchen Augenblicken könnte Müller immer heulen. Sarah bleibt ruhig, fast anteilnahmslos. Ob sie ihn schon vermisst hätte. Ja, aber oft bliebe er länger mit dem Hund aus. Vielleicht sei ihm der Hund durchgegangen. Jagdinstinkt. Sie fragt gar nicht nach dem Hund. Der Hund ist auch tot. Liegt neben ihrem Mann.

Die Bitte einige Fragen zu stellen, beantwortet Sarah mit einem Nicken. Wann sie ihn zuletzt gesehen hätte. Am frühen Nachmittag. Sie sei dann bei ihrer Schwester in der Stadt gewesen, dann durch die Geschäfte gebummelt, ziellos. Um 20 Uhr sei sie zuhause gewesen. Er war nicht da. Müller und Naßer verabschieden sich. Sarah könne morgen in die Gerichtsmedizin kommen, zur sicheren Identifikation.

Komische Reaktion der Frau, meint Naßer. Das ist der Schock des ersten Moments. Das kennt man doch.

Ich weiß nicht. Vielleicht hat sie ihn selbst? Sie war in der Stadt. Alibi ist das keins. Da müssen wir noch mal nachhaken. Warum bringt sie den Hund auch um? Kann ich mir nicht vorstellen, dass sie das tut, meint Müller. Vielleicht hasst Sarah Wasner Hunde. Das kommt vor, gibt Naßer zu Bedenken.

Sarah verlässt schwarz-gekleidet die Gerichtsmedizin. Müller und Naßer sprechen die nächsten Schritte ab. Pressekonferenz. Aufruf an etwaige Zeugen. Wer hat am Dienstagabend gegen 20 Uhr irgendwelche Beobachtungen gemacht? Wer hat Herrn Wasner in Begleitung seines Hundes gesehen? Artikel dann groß in der Regionalzeitung: Rentner und Hund im Weinberg tot aufgefunden

Der Zeugenaufruf verhallt. Auch die kriminaltechnische Spurensicherung kommt zu keinen weiterführenden neuen Erkenntnissen, die auf den Täter schließen lassen könnten. Hammer als Tatwaffe vermutlich. Müller und Naßer sinnen über das Motiv nach. Raubmord war es nicht. Das war vorsätzlich geplant. Wer schleppt einen Hammer um diese Uhrzeit mit sich herum? Im Umfeld von Norbert und Sarah Nachforschungen anstellen. Nachbarn befragen, im Verwandten- und Bekanntenkreis. Gibt es ein Testament? Die Routinearbeiten von Müller und Naßer nehmen ihren Lauf.

Tag fünf  nach der Tat. Der Leichnam ist frei gegeben. Erneute Befragung von Sarah. Wie denn die Ehe gewesen wäre? Naja nach über 30 Jahren gibt es  Abnützungserscheinungen, man kennt sich zur Genüge, nicht mehr der frische Wind, ja klar, die vier Kinder aus dem Haus in alle Windrichtungen verstreut. Eheliche Treue sowieso. Man hatte noch viel vor. Vor allem zu reisen. Sarah Wasner sei ja um einiges jünger und nicht unattraktiv. Ob es da doch nicht jemanden gäbe. Sarah streitet entrüstet ab.

Fortsetzung folgt!!!!!!!

Fortsetzung Kurzkrimi: Dumm ja sogar tödlich gelaufen….

Kapitel 1/ Teil 2

Ein Buch schreiben: So fängt man an.

  1. Der Plot. Will man ein spannendes Buch schreiben, so braucht man einen guten Plot. …
  2. Der Hauptkonflikt. …
  3. Die Dramatik. …
  4. Die Figuren. …
  5. Die Spannung. …
  6. Genre und Thema. …
  7. Show don’t tell. …
  8. Die Dialoge.

Ein Buch schreiben: Das kann man lernen – diese zehn einfachen Grundregeln zeigen, worauf es beim Schreiben von spannenden Büchern wirklich ankommt….. (Google)

Nicht schlecht. Ich brauche einen Schreibplan. War da nicht in einem Spielfilm mal ein Schriftsteller, der auf Flipcharts oder an den Wänden den Ablauf seiner Geschichte festgehalten hat? Das brauche ich auch. Oben auf dem Dach müssten noch Tapetenrollen sein. Und? Wie sieht´s aus?, fragt Sarah beim Abendessen. Habe mich über die zehn Grundregeln des Schreibens gründlich informiert. Ich fange morgen an. Über was denn, will Sarah wissen. Kriminalgeschichte. Krimi du? Warum nicht? Du liest doch keine und beschwerst dich dauernd, dass im Fernsehen nichts anderes mehr läuft. Naja außer den bayerischen Cops. Verstehe ich nicht, dass du ausgerechnet dieses Genre bedienen willst. Da gibt es so viele, die auf dieser Welle reiten. Sarah hat nicht Unrecht. 7-Tage-Krimi-Woche. Jede Region, jedes Kaff hat mehrere Autoren. Und immer dasselbe: abgewrackte Akteure, zwielichtige Typen. kauzige Figuren oder vom Leben bestrafte Protagonisten. Wenn dann muss meine Geschichte anders werden. So was Hitchcockartiges. Amüsantes und Erotisches  muss auch dabei sein.

Ok. Mal Gedanken machen. Das Ganze muss raffiniert angelegt werden. Also Hauptperson bin wohl ich, der Ruheständler, der Beobachtungen macht. Ich-Form ist immer gut. Das gefällt mir auch immer an Karl Mays Kara Ben Nemsi oder Old Shatterhand. Genau genommen bin ich auch so ein Gutmensch wie diese. Eigentlich waren das ja auch Kriminalgeschichten , wenn man zum Beispiel an den Orientzyklus denkt.

In welchem Rahmen, Zeit und Ort spielt mein Roman. Frage nach der Verortung? Tapeten her.

Du musst dich da auskennen. Wenn jemand historische Kriminal-Romane schreiben will, setzt das langwährendes Studium des Zeit- und Lokalkolorits voraus. Also, das kommt schon mal nicht in Frage.

Rotlichtmilieu – keine Ahnung. Welt der Wirtschaft auch nix. Die politische Heimatgemeinde als Bühne. Naja. Da gibt´s die Huthschen“Schoppenfetzer“-Krimis. In Würzburg, meiner Heimatstadt, spielt das – allerdings verändere ich die Straßennamen. Ja genau generell sind alle Namen nicht zuzuordnen, nicht, dass noch Anzeigen von irgendwelchen Leuten nach der Veröffentlichung auf mich zukommen oder gar der Druck durch einstweilige Verfügung gestoppt wird oder Sarah zusammen mit mir Stellen im Buch schwärzen darf.

Und was macht die Schreiberei, fragt Sarah an einem Abend im März. Fortschritte? Sarah schaut mit ihren großen Augen auf den Computerbildschirm, den ich schnell ausschalte. Schluss für heute. Stanley kommt wedelnd unter dem Schreibtisch hervor. 5 neue Seiten geboren. Zangengeburt. Insgesamt 16 . Glücksgefühl. Man kommt dem Ende näher. Schon dämmrig. Also ab Richtung Weinberge wie üblich….

Stanley stellt die Ohren. Die Rute winkt zum letzten Mal. Der Schlag kommt plötzlich von hinten. Aus dem nichts. Ein zweiter folgt, unbarmherzig und gezielt. Stanley schmiegt sich mit letzter Kraft an mich. Aus.

Herrchen und Hund. Schöner Hund. Wer hat sie gefunden? Die Frau mit dem Dackel. Schädelbruch. Wie ein aufgeschlagenes Ei ausgelaufen. Blutrot getränkt liegen sie im Licht der hellen Halogenscheinwerfer der Feuerwehr. Uhrzeit Exitus? Heute Abend zwischen 19.30 Uhr – 20 Uhr. Also vor zwei Stunden. Irgendwelche Dinge bei sich? Nö. Die Frau kennt beide. Opfer wohnt in der Weinberg Straße.

Fortsetzung folgt!!!!!!

Wie versprochen der Kurzkrimi… Teil 1

Conny Martin

„Ich schreibe einen Krimi“

Hinweis:

Alle Personen, Orte und Handlungen in diesem Kurzroman sind fingiert. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Institutionen sind rein zufällig.

Würzburg 2022

Copyright cmartin

Kapitel 1/ Teil 1

Plötzlich Ruheständler

Ich bin Norbert Wasner. Meine Freunde sagen Nobbi zu mir. Im Ruhestand, also einer dieser Weißkopfindianer, die zu allen Tageszeiten die Stadt unsicher machen können und ihre Lebensmittel-Einkäufe prompt dann, so kurz vor Ladenschluss, zu tun gedenken, wenn die arbeitende Schicht nach langem Tagwerk an den Kassen mit den Hufen scharrt. Man kann in den Gesichtern lesen, der hätte mich doch vorlassen können mit seiner Butter und den zwei Joghurt. Jetzt selbst Weißkopfindianer vermeide ich es doch strikt zu diesen abendlichen Stoßzeiten einzukaufen. Freie Tagesplanung, aus und vorbei mit der Arbeiterei, dem Dienst. Endlich Zeit. Tun, was man schon immer tun wollte. Ewige Ferien – bis zum Tod. Seit dem 1. August ist´s so weit. Retired wie der Amerikaner sagt. Erst mal die Sommerurlaubszeit genießen und dann gleitet man gewiss schon etwas assimiliert locker in den verdienten Ruhestand, den Herbst des Lebens. Langweilig wird dir´s ja nicht. Du mit deinen vielen Hobbys, sagen Freunde und Verwandte. Da haben sie nicht Unrecht: Handy, Hund, Kochen, Gitarre, Wandern, Musik, Radfahren, Lesen, gelegentlich 6. Eigentlich Vollbeschäftigung. Daneben die notwendigen Alltagstätigkeiten.  Zu Fuß mit Hund oder E-Bike Besorgungen tätigen. Vor allem Lebensmittel einkaufen. Einen geruhsamen Einkauf genießen. Automatisch ergibt sich eine Rangliste der Supermärkte mit den attraktivsten Kundinnen oder dem gutaussehenden und freundlichem Personal. Darf man das überhaupt noch schreiben bzw. solche Gedanken haben? Naja der Discounter N. um die Ecke steht auf jeden Fall in der Rangliste ganz unten. Anders der Lebensmittelmarkt T. Schon am weitläufigen Parkplatz ersichtlich, dass hier die Reichen und Schönen einkaufen. Schwarzer SUV reiht sich an weißes Cabrio. Gut gestylt steht man an der Kasse. Lässig. Manche allerdings mit ihren quengelnden Rotzlöffeln bestraft, genervt. Das freut mich bisweilen diebisch, wenn die Bälger der Grazien sich so richtig aufführen. Sven-Balthasar gib` jetzt Ruhe. DU hattest schon zwei Müsliriegel. Manch andere in Gedanken versunken oder gelangweilt durch die Räumlichkeit blickend. Wenn man die Gedanken lesen könnte, das wär´ spannend. Von wegen die Gedanken sind frei. Wahrscheinlich würde man sich wundern. Was denkt jetzt wohl jene gut aussehende Frau Arndt aus der Nachbarschaft vor mir. Anfang 40 schätze ich mal. Die ist Hausfrau, weiß ich. Ein Grundschulkind – männlich. Mann hat ein Autohaus der Marke M. Der silberne M-SUV  steht in der Garageneinfahrt. Sie ist nur mit dem SUV unterwegs: Kind zur Schule bringen und abholen, zum Einkaufen, den Kleinen bei Freunden abliefern, montags und donnerstags Fitness-Studio, zum Tee bei Freundin X, zum Spielplatz kurven, Laufen kommt gar nicht in Frage. Hornhaut an den Füßen Fehlanzeige. Was da an Diesel wohl täglich reinläuft? Irgendwie ein tolles Leben. Nur schön sein, das Leben genießen, sich mit den Freundinnen zum Latte treffen, sich um den kleinen Prinzen verwöhnend sorgen. Abends dann den Gatten empfangen. Ja dann hat sie wieder ihre Ruhe bis zum Wochenende. Da fällt mir ein, die Zugehfrau kommt dreimal in der Woche. Schon interessant, was einem alles so auffällt, wenn man Zeit hat. Früher beim Gassi gehen nur an den vergangenen Arbeitstag gedacht bzw. den nächsten in Gedanken vorbereitet, nachdenklich durch die Gegend gestapft. Hoffentlich macht Stanley bald, dass ich wieder heimkomme. Jetzt genießt man, der Blick schweift. Stanley kackt jetzt vier – statt zwei Mal. Man geht kreativ spazieren. Was spielt sich wohl gerade hinter den Mauern der Villa von Rögels ab? Wo Herr Schmitt so aufgebrezelt hinfährt? Das sieht nach baldiger Scheidung aus, seine Frau habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Banalitäten wechseln sich mit einschneidenden, ernstzunehmenden Beobachtungen ab. Familie Gabriel sollte ihre Hecke zur Straße unbedingt schneiden lassen. Dass, die das nicht sehen. Oh, das Haus von Prof. Funke wird entkernt. Verkauft. Naja, die waren ja beide dement. Schätze, Grundstück in dieser Lage auf zwei bis drei Millionen. Die Erben dürfen sich freuen. Der Herr Anton aus dem Maintal Weg ist ein seltsamer Typ. Seine Mutter unnahbar. Grüßen tun die nie. Lieblingshobby den silbernen Morgan-Oldtimer pflegen und mit dem dunkelgrünen Land-Rover zur Dämmerungszeit auf die Pirsch, hinten dann die offene Kiste für das Wildbret.

Kochkunst

Was koche ich heute Mittag? Danach richtet sich der Einkauf. Spaghetti mit Hackfleischsoße hatten wir erst, das geht zwei Wochen lang gar nicht. Bratwurst auf keinen Fall. Sarah mag nicht so viel Gebratenes. Ich muss unbedingt mein Kochrepertoire vergrößern. Dass sie mir zum Geburtstag Ende August das „Bayerische Kochbuch“ – ein Standardwerk für Hausfrauen und –männer – schenkte, ist als Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen. Mal schauen, was hier im Kühlregal zu finden ist. Rindfleisch geschnetzelt. Gulasch jawohl. Das kriege ich hin. Tomatenmark und Zwiebeln habe ich am Wochenende bei N mitgenommen. Dazu Breitbandnudeln. Kartoffeln versuche ich, wenn möglich, zu vermeiden. Schälen, klein schneiden, dann dämpfen oder kochen im Schnellkochtopf, schälen und dabei Finger verbrennen. Reis oder Nudeln sind einfacher. Am besten der pappige Basmatireis. Jetzt verstehe ich Sarah, wenn sie sich ärgerte, als wir immer am Tisch über das Essen die Nase rümpften. Schon wieder Salat. Kocht erst mal selber. Jetzt weiß ich, wie sie das gemeint hat. Am Anfang war es schon stressig, ein tägliches zwei bis dreigängiges Mittagsmenü vorzubereiten. Inzwischen bin ich da gelassener, denn Sarah war es nach acht kulinarischen Wochen  überdrüssig, täglich hochwertige mit Sahne oder Sherry verfeinerte Speisen zu sich zu nehmen. Ich habe reduziert. Suppen sind seit Dezember ein wichtiger Magenfüller. Da ist schon mal, wenn Sarah  zum Mittagessen erscheint, der erste Hunger schnell gestillt. Sie mag meine Suppen, vor allem die Gemüsesuppen. Und das ist nicht schwierig. Der gewiefte Hausmann kocht wöchentlich am besten 5 Liter Gemüse- oder Knochenbrühe, füllt das Ganze in Schraubgläser und schon steht der täglichen Suppe nichts mehr im Wege. Suppenvielfalt gut – Desserts noch ausbaufähig: Schokopudding, Vanillepudding, Dr. Ö-Paradiescreme, Joghurt mit Marmelade, Obstteller. Das ist meine Nachtischpalette. Glücklich bin ich, wenn vom Wochenende noch Kuchen da ist, dann gibt es nämlich selbigen mit Kaffee oder Caro-Kaffee mit Keksen als Nachtisch.

Tagespläne

Ich hatte mir vorgenommen, Musik zu hören. Alle CDs, die ich seit den frühen Neunziger Jahren erstanden hatte, wieder mal rauszukramen, sich mit  Asterix-Comics und einer Tafel Schokolade auf dem Wohnzimmersofa gemütlich einzurichten und die Seele baumeln zu lassen.  Die SD-Karte meines Handys ist randvoll mit mp3-Dateien, wie bei jedem. Aber ich kam nie dazu in Ruhe Musik zu hören. Jetzt also in Pension Musikgenuss pur in Sicht. Vielleicht sollte ich die unzähligen CDs erst mal wieder ordnen. Gute Idee – wieder über mehrere Stunden beschäftigt. Dabei sich wieder in Gedanken verlieren, zu welcher Zeit, in welcher Stimmung, aus welchem Grund, man sich die Scheibe zugelegt hat. Klar sind noch viele dabei, die den Preisaufkleber auf der CD-Cover-Rückseite tragen. Eben die Zeit vor Amazon. Smartphones gab es nicht. Mit dem Smartphone ist auch der schöne Brauch sich an der Gestaltung des Plattencovers oder die Songtexte mitzulesen ausgestorben. Das Musikerlebnis war früher intensiver, am intensivsten vielleicht in der Vinyl-Zeit. Musikhören wurde zelebriert. Eine volle zwei Quadratmeter große CD-Fläche breitet sich vor mir aus. Im Schrank warten weitere unzählige Stapel auf eine Sortierung. Ich lasse es sein – irgendwann ja. Bald 11. Zeit allmählich mit der Vorbereitung des Mittagessens zu beginnen. Schon bewundernswert wie Sarah das immer so pünktlich hinbekommen hat. In der Kürze eines zwanzig bis dreißigminütigen Zeitkorridors. Momentan brauch ich dafür gut zweieinhalb Stunden. Übung wird den Meister machen.

Gitarre wollte ich auch mehr spielen. Komponieren, Musik aufnehmen, all das, was während des Arbeitslebens liegen blieb. Die kreativen Einfälle, die ich hatte, endlich verwirklichen. Stundenlang. Tägliches Songtitel Tüfteln. Irgendwie kann ich mich nicht so richtig aufraffen. Ich spiele weniger als je zuvor. Wo ist der Elan geblieben? Ich verschiebe es immer auf den nächsten Tag. Morgen wirst du…. Man wird bequem, gerade, weil man so viel Zeit zur Verfügung hat. Es gibt jetzt gewisse Rituale, die wichtig sind. Das späte Aufstehen im Zeitfenster von 6.45 bis 7.45 Uhr. Früher hat der Wecker um 5.30 Uhr die Nacht beendet. Erster Akt nach der Körperpflege Stanley ausführen und füttern.  Das dauert nicht lang, da Stanley am Morgen nicht lange fackelt, damit er sich möglichst schnell in seinem Zwinger die Wampe vollschlagen lassen kann. Sarah hat in der Zwischenzeit für das Frühstück gesorgt. Ausgiebiges Frühstück mit Studium der Tageszeitung bis ca. 9 Uhr. Auf dem WC Handycheck. Dann Computer anwerfen. Einkauf mit Hund, eventuell mit Innenstadtbesuch. Vorbereitung des Mittagessens. Nach dem Mittagessen den Hund gut bewegen bis er im Minimum sich zweimal gelöst hat, dabei Scannen des Weges und der Gebäude im Viertel auf Berichtens werte Veränderungen personaler oder baulicher Art, die ich Sarah meist am Morgen mitzuteilen pflege. Allmählich freut man sich nun auf die Abendgestaltung. Nochmals Computer anwerfen. Youtube, Facebook, Musikforen, Ebay durchforsten. Endlich Abendbrotteller richten mit riesiger Schwarztee-Tasse. Fernsehkiste an. Quizshow im Ersten, dann Krimiserie vom Nachmittag anschauen. Danach ist mir alles egal, denn Sarah übernimmt die Fernbedienung und damit die Fernsehregie. Ihre Frage, was willst du schauen, ist eigentlich nicht ernst gemeint. Bei Gesundheits- oder Liebesdramen schon ein kurzes Nickerchen. Später dann die Bettlektüre – ein absolutes Muss.

Jetzt vergeht die Zeit irgendwie viel schneller als früher. Montag bis Freitag vollzog sich oft so langsam. Ein wahrer Marathon bis zum Freitagabend. Sarah freut sich natürlich, dass sie küchenmäßig unter der Woche entlastet ist. Und mich beschäftigt es am Vormittag. Je länger ich jetzt im Unruhestand bin, desto professioneller und vorausschauender arbeite ich. Ich koche solche Mengen, dass wir  zweimal davon zehren können. Das spart Energie, Ressourcen und Zeit. Nachdem Sarah das auch begrüßt, bin ich mehr und mehr entlastet. Nur Stanley wundert sich darüber, dass kaum mehr Essensreste in seinem Fressnapf landen.

Ich muss schreiben….

Sarah, ich fange jetzt zu schreiben an, konfrontiere ich sie Ende Januar! Was willst du denn schreiben? Einen Roman. Wie? Du? Willst du mir die Kreativität, das Schreibtalent absprechen. Ich schrieb bislang alles aus dem Stegreif, wenn es um Familienfeste, Einladungen, Urlaubspostkarten, Geburtstage, Beileidskarten etc. ging. Nur bei Briefen an meine Schwiegemutter war mein Schreibfluss plötzlich etwas gehemmt. Ansonsten plätschert es förmlich aus dem Füllfederhalter. Schon in der Schule fiel mir mündliches und schriftliches  Fabulieren leicht, auch nicht selten am Thema vorbei. Ob ich wüsste, wie man da vorgeht, wollte Sarah wissen. Ich sei zwar wohl Germane, aber kein richtiger Germanist. Ich  bin gekränkt, beleidigte Leberwurst. Dann fügt sie ihr  „Mache dich erst mal in Google kundig“ hinzu. Kein Wind in den Segeln mehr. Auf Grund gelaufen. Motivation futsch.  Stanley, wir gehen Gassi. Der freut sich und ich kann erst mal meinen Frust beim Laufen loswerden. Vielleicht hat Sarah  ja Recht. Nach drei Haufen kehren wir zurück. Heizung und Computer an, Stanley macht sich´s unter meinem Tisch bequem. Ich liebe es, meine Füße an ihm zu wärmen und er mag anscheinend deren Geruch. Also mal gegoogelt.

Fortsetzung folgt……

Spaziergänge und Wanderungen in der Nähe und in der Umgebung – und weil abends auf allen Fernseh-Kanälen ausgestrahlt werden, demnächst hier die Veröffentlichung eines Kurzkrimis !!!!!!!!

Seit Beginn der Pandemie im März 2020 hat das Spazieren und Wandern in der Natur erheblich an Beliebtheit zugenommen. Es gibt nichts Erholsameres als sich an der frischen Luft zu bewegen, die Blicke über die Landschaft schweifen zu lassen und dabei Kraft zu tanken.

So ein „Wandertag“ ist für mich immer „Urlaubstag“. Man schaltet ab, Schritt für Schritt. Es bedarf keiner Unterhaltung, man lauscht der Natur….

Tipp 1

St. Alfons Kirche – Gutental – unten links abbiegen, dann an der Gabelung den rechten Weinbergsweg Richtung Randersacker bis zum Weingut Hiller – nun dem Alandsgrund entlang (wenn es geregnet hat, plätschert rechts ein winziges Bächlein) am Ende des asphaltierten Alandsgrund entweder links halten um zurück zur Sieboldshöhe / Peter-Schneider-Str. zu kommen oder geradeaus den Waldweg (im Frühjahr Bärlauch in Massen) den Bachlauf folgen – zum Schönstattheim

Tipp 2

Mit der Straba hoch nach Rottenbauer – über Rottenbaurer Grund Radweg nach Heidingsfeld

Tipp 3

Sieboldshöhe – Richtung FH/ Rad-/Fußweg – Gerbrunn – Friedhof – dem Happbach entlang Richtung Römerbrücke – zurück nach Gerbrunn oder Hubland

Tipp 4

Mit Bus zur Frankenwarte – Schützenhof – dem asphaltierten Weg nach rechts unterhalb des Schützenhofes folgen zurück zum Steinbachtal

Tipp 5

Steinbachtal – Annaschlucht – Frankenwarte – Schützenhof – Käppele – Würzburg

Tipp 6

Sieboldshöhe – Schönstattheim – Flurbereinigungsweg zur Kapelle im Weinberg – Randersacker – Mit dem Bus zurück nach Würzburg

Tipp 7

Traumrunde Markt Einersheim : Parken am Marktplatz, dann dem Traumrunden-Symbol Richtung Schloss Friedhof – terroir F – Ruine Speckfeld – Possenheimer Bühl – Markt Einersheim – Gastronomie: Taverna bei Stelios

Tipp 8

Schleiftor bei Steinmark – Parkplatz – Wanderung zur Sylvan-Hütte (Einkehr) – Karlshöhe – Schleiftor – oder umgekehrte Richtung. Der Biergarten auf der Karlshöhe ist leider geschlossen (Stand Mai 2022). Wäre toll, wenn sich ein Pächter fände.

Auf der Karlshöhe
Die Sylvan-Hütte lädt zur Einkehr.
Das Schleiftor

Tipp 8

Traumrunde Marktbreit Marktbreit/ Bahnhof – Obernbreit – Marktbreit (Einkehr Restaurant am Marktplatz)

Generell immer eine Empfehlung die „Fränkischen Traumrunden“

Schönes Wochenende!

Gruß

Conny Martin