Winterwanderung in der Rhön und eine Würzburger Geschichte – Wünsche euch allen erholsame Festtage ! Bleibt gesund! Frohe Weihnachten!

Gestern am frostigen Mittwoch hat´s mich wieder mal gepackt. Um 7.30 Uhr war´s schon klar, das wird ein pfundiger und sonniger Wintertag. Was gibt´s da Schöneres als ein Trip in die Rhön. Schnell noch mal die Rhön Cam Seite am Computer gecheckt.  Da liegt auch noch Schnee am Nabu-Haus/ Rotes Moor. Tee gekocht, ein paar Happen für den Hund und los. Herrlich schon die Fahrt durch die frostige Landschaft. Minus 6,5 Grad. Oben am Parkplatz des Nabu-Hauses ein Tagesticket gezogen. Brooks wartet schon erwartungsvoll hinter der Heckklappe. Mütze auf, Rucksack und Handschuhe an. Los geht´s. Ich glaube, ich bin die Stecke zum Wasserkuppe schon an die 30 mal gelaufen, mit  und ohne Schüler, allein, mit Familie und Freunden.

Einfach Naturerlebnis pur diese etwa 14 km (Hin- und Rückweg zusammen!). Zunächst umwandern wir das rote Moor und ich wundere mich, dass der Weg so licht ist. Hier wurden massenhaft Bäume gefällt. Die Stämme fein säuberlich am Rand des Weges gestapelt.

Das frisch geschlagene Nadelholz verströmt  seinen typisch harzigen Geruch in der kalten Wintersonne. Kleine Schneeflächen, tiefgefrorene Eispfützen und die verschiedensten Eiskristalle auf Pflanzen, Holz und Boden glitzern in der Sonne. Winteridylle wie aus dem Bilderbuch. Ich fühle mich gerade so richtig in die Taiga Sibiriens versetzt. Die Sonne wärmt schön den Rücken. Kein Mensch weit und breit. Brooks springt umher und beißt Brocken des verharschten Schnees ab. Auf der Höhe, wenn man den Waldweg hinter sich gelassen hat, mache ich ne kurze Rast, schlürfe heißen Tee und gebe Brooks ein paar Leckerli. Herrlich der Blick auf die Wasserkuppe.

Zwischen den Schneeverwehungen die kleinen Maulwurfhügel. Kein Wind weht heute zum Glück. Jetzt gibt´s zwei Möglichkeiten. Direkt zur Wasserkuppe oder über die Kaskadenschlucht. Ich wähle den Weg über den Fuchsstein zur Fuldaquelle. Der Weg entlang des langen Parkplatzes der Wasserkuppe ist in der Sonne schon aufgeweicht. Blöd. Da der Bratwurststand beim “Deutschen Flieger” oben zu hat, laufen wir den Weg hinter zum Skilift. Winterbetrieb. Die Schneekanonen schießen Schneekristalle in die Luft.

Es ist ordentlich Betrieb auf der Piste. G2 im Gasthaus. Curry-Wurst mit Pommes für 4,50 €. Das sind zivile Preise. Dann noch die wärmende Sonne auf einer Bank genießen.  Sonniger Rückweg – entlang der Straße auf der Wiese. Und dann geht´s auf den Holzstegen durch das Rote Moor, immer zauberhaft und mystisch. Bei diesem Wetter und der Landschaft muss ich immer an den Roman und die Verfilmung “So weit die Füße tragen” denken: die Birken, der weiße Schnee, die Moorlandschaft…..diese Stille. Schön war´s. 

So kurz vor Weihnachten habe ich noch einmal ein kleines Geschichten – Päckchen geschnürt. Viel Vergnügen beim Lesen! 

„Der Radiergummi“


Meine zwei ersten Jahre der Grundschulzeit verbrachte ich an der neuen Hauger Schule. Das war eine schöne Zeit. Der Schulweg von der Wallgasse bis zur Semmelstraße war kurz. Gelaufen bin ich jeden Tag mit meinem Freund Thomas M. Allerdings war der Heimweg schöner. Da spielten wir immer Ritter. Die Anorakkapuze wurde stets aufgezogen und der Rest baumelte am Rücken runter, das war der Rittermantel. So zogen wir meist zu viert vom Hinterausgang in der Wallgasse zur Neutorstraße. Ein Halt wurde meist am Ende der Neutorstraße eingelegt. Gegenüber vom heutigen „Pan di Zucchero“ befand sich ein kleiner Laden, zu dem drei oder vier Stufen hinaufführten, der für kleine „Rittersleut´“ Bärendreck bereithielt. Für vier Zehner waren wir täglich eingedeckt, um unseren kleinen Kreuzzug zu Ende zu führen. Im schönen Hof der Semmelstraße 67 schauten wir nach, ob der dicke Boxer von Herrn Loos  zu sehen war, „Ritter“ lieben Hunde. Wenn er da war, dann wurde der durchgeknuddelt, obwohl er fürchterlich muffte. Dann ging es weiter zum Bäckerbrunnen und dann ins Ladenzimmer der Metzgerei, in der mich schon der Leberkäs-Duft erwartete. Der Leberkäs der Metzgerei Martin galt als der beste der Stadt. Noch heute schwärmen die Leute davon. Meine Mutter stand meist im Laden und bediente. Meist gab es kurz nach eins Mittagessen, das wir im kleinen Ladenzimmer an einem mickrigen Tisch neben dem dampfenden Leberkäsbräter einnahmen. Täglich gab es Suppe, Hauptgericht und Nachspeise – freitags fleischlos. Da von 13 Uhr bis 14 Uhr Mittagspause war, konnten wir fast ungestört zu Mittag essen. Bisweilen jedoch, als ich in der 3. Klasse in der Pleicher Schule war, kam oft ein ungebetener Gast, der an der Ladenzimmertür im Hof klopfte: Frau Motzel, meine Klassenlehrerin, eine ausgezehrte, alte silberlockige Jungfer, um deren beinahe skelettierten Extremitäten dunkelblaue Baumwollhosen schlotterten. Mutter musste sie dann immer schnell für ihre großen Einkäufe (75 g Fleischwurst, 1 Knäudele und 100 g Hackfleisch) bedienen. Ich war stets froh, wenn sie wieder weg war. So funktionierte damals eine Sprechstunde mit den Erziehungsberechtigten. Nachdem der Tisch abgeräumt war, wischte Mutter den Tisch und das Katholische Volksblatt wurden fein säuberlich auf dem Tisch ausgelegt. Zeichen für mich, dass jetzt neben dem Leberkäsbräter die Hausaufgabenzeit unter dem wachsamen Auge meiner Mutter begann. Ich bin Linkshänder und man hatte mir unter Nachdruck beigebracht, rechts zu schreiben. So holte ich die Hefte mit der Erstklasslineatur heraus und begann zu schreiben. Währenddessen war das Geschäft wieder offen und Kunden mussten bedient werden. Ich gab mir Mühe und schrieb mit Bleistift bzw. nun mit Füller fein säuberlich auf Orthografie achtend. Mutter kam und kontrollierte. „Hm, da hast du ein Wort vergessen! Das schreibst du gleich noch einmal!“ Ratsch – und schon war die Din A5 Seite herausgerissen und die zweite Hälfte des Blattes auch. „Gib dir Mühe!“. Kurze Zeit später. „Da hättest du mehr Abstand zwischen den Wörtern lassen müssen. Das hast du so ´neigeknört“. Ratsch – Seite raus. „Löschblatt unter die Hand, dass ja kein Fettflecken drauf kommt.“ Das Heft wurde nun schon merklich dünner. Ein erneuter Versuch. Mir taten schon die Griffel weh, die „Schreibkraft“ ließ nach. Pfeife – verschrieben! Mutter jetzt recht angesäuert: „Jetzt müssen wir radieren.“ Der blaue Anteil des Radierers schmiert. Der Leberkäsbräter dampft munter vor sich hin. Jetzt ist auch noch ein Fettflecken drauf. Noch einmal. Wieder verschrieben. Es wurde der hellblaue Radierer erneut strapaziert. Die Lineaturseite wurde durch den wiederholten Einsatz des Radierers zunehmend aufgeraut. Tintenkiller gab´s noch nicht. „Pfeife – jetzt ist das Schreibblatt auch noch durchgerubbelt. Geh´schnell zum Schreibwaren „Kurtze“ und kauf´ ein neues Heft!“ So fiel es mir leicht die deutsche Orthografie zu erlernen. Meine Mutter übrigens, hatte nie eine schöne Schrift besessen. Das Wort Weißwurst war bei ihr nur mit Fantasie zu lesen. Zwei W im Abstand, nach jedem ein waagrechter Strich! Martinsche Kurzschrift halt. Leberkäse: Lstrichkstrich! Geht doch!

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