Würzburger Geschichten – Hinauf zum Käppele – Messen und der Fuß der Mutter Gottes

Es war eine alljährliche, echte Tradition der Familie Martin/Hessenauer.

In der Woche vor Schulbeginn hieß es  den Segen des guten Gottes für ein erfolgreiches Schuljahr einzuholen. Dieser Pflichttermin fiel niemals aus.

Mit neuen Klamotten ausstaffiert

Sonnig war es an diesem Tag in der Woche vor Schulbeginn eigentlich immer. Herbstsonne, gefärbtes Septemberlaub und angenehme sommerliche Temperaturen. Beste Voraussetzung also für den interfamiliären Wallgang zum Käppele. Gestartet wurde im Mittleren Neubergweg bei Tante Ilse, die uns stets begleitete, damit wir nicht vom rechten Weg abkämen. Eingekleidet waren wir immer in neuen Klamotten, die  jedes Jahr vor Schulbeginn gekauft wurden. Mutter hatte gewöhnlich Verschiedenes zur Auswahl vom Wöhrl herbeigeschleppt. Zu der Zeit waren farbige Feinkordhosen in typischen Herbsttönen  sehr beliebt. Dazu ein schönes kariertes Hemd, ein beiges Jäckle nicht zu warm und dann schöne hellbraune Wildlederstiefeletten mit Kreppsohle. Übergeben mit der Warnung  „Spiel´damit ja kein Fußball, sonst sähen sie gleich wieder aus…!“

Zum Käppele-Gang sauber angezogen. Insgesamt waren wir immer zu sechst: Tante Ilse plus meine drei Cousins Erich, Michael, Matthias, mein Bruder Schorsch und ich.

Die Marschroute

Marschroute war immer die gleiche:  über Keesburgstraße, Studentenhaus, Löwenbrücke und dann den Stationenweg hoch zum Käppele. Halt! Den rechten Fuß in den Fußabdruck der Mutter Gottes reinpressen. Mann, die hatte große Füß´ gehabt! Mindestens 58!

Marias Fuß

50.- DM zahlen

Dann weiter hoch zur Wallfahrtskirche. An der Klosterpforte dann : „Für jeden eine Messe für ein gutes Schuljahr!“ 50.- Mark für den „Ablasshandel“ wechselten den Besitzer. Schon ein gutes Gefühl Schulglück gekauft zu haben!  Eigentlich kann ja nix mehr schieflaufen! Schuljahr gebongt. Dann rein zu den Votivtafeln „Maria hat geholfen“ und den dreckig-gelben wächsernen Körperteilen. Vor der Gnadenmadonna im  rußigen Andachtsraum Kerzen angebrannt. Ein Zehner für das Licht im „Wallfahrtsnachbau“. Vaterunser in der Kirche plus kurzes Verweilen auf Knien. Also wenn das Schuljahr nicht gut wird! Vielleicht hätte ich manchmal noch ne Runde länger knien sollen, damit der liebe Gott mir einen allumfassenden göttlichen Freibrief für Mathematik  implementiert hätte. Endlich raus aus der Kirche.

Auf zur „Molkenkur“

Jetzt kam nämlich das Wichtigste. Hinauf zur „Molkenkur“, da wo heute der „Nikolaushof“ residiert,  stand  gleichnamiges  Gasthaus. Jetzt öffnete Tante Ilse den Geldbeutel und jeder bekam nach den „heiligen“ Handlungen sein „irdisches“ Eis. Gott sei Lob und Dank! Der Höhepunkt des Tages in nagelneuer Kluft auf `nem  Mäuerchen mit seinen besten Freunden, das waren wirklich meine Cousins und Schorsch, sitzend, leckeres Eis zu schlecken. Mist – das Eis tropft auf die neue Hose. „Hammer gleich“. Ilse zieht ein Taschenbuch aus der Handtasche, benetzt es leicht mit Spucke und der Fleck verschwindet von der Hose – ein Wunder! Eben ein heiliger Ort hoch über Würzburg. Zurück ging es dann über die Anna-Schlucht. Wehmut kam auf: Schulbeginn nun unausweichlich! Bis wir wieder zum Käppele gehen, dauert´s recht lang! Hoffentlich vergessen die Franziskaner die bezahlten Messen nicht zu lesen.

Monthly Guitar May. Marshallized II by Pedal

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Marshall Pedals

photo cmartin/ production catalogue

Marshall EH- 1 Echohead

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Before  2009  I used rack mounted effect units like Lexicon or Artverb. After 2009 I preferred small pedals. The first that comes to mind is the phenomenal  Marshall Echohead. In the  late 90s I missed to buy Marshall´s JFX-1 Signal Processor. It contained Chorus/ Flange/ Multi-Tap-Delay/ Reverb/ and Delay. The Echohead  features six modes: Hi-Fi, Analogue, Tape Echo, Multi Tap, Reverse and Mod Filter. A great pedal, that I often use:  one in the loop and another one on the pedal board.

Marshall Reflector Rf-1

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Rf-1 is an awesome Reverb pedal with six different  modes. You can choose between Hall, Plate, two Spring reverbs and Reverse. It´s way better than Boss´s FRV 1 (Fender reverb), cause you get an arsenal of reverb options. I used it for reverb sounds on my cd „Scrambled Tunes“ and live in the loop of Marshall´s Origin 20c.

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Marshall Regenerator RG-1

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A multi effects pedal in a small unit: Vintage Chorus, Multi Chorus,  Vintage Flanger, Phaser, Step Phaser and Vintage Vibe

Foremost I use the Vintage Chorus. You know the typical Peter Frampton sound on “Frampton Comes Alive” track “Lines Of Fire” or “Do You Feel Like We Do”? Choose Multi Chorus with mode knob and tweak a bit around and you will have it. For Vibrato sounds you turn the mode knob to the Vintage Vibe mode. Great variation of sounds.

Marshall Vibratem  VT-1

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Take a step back in time to the British amps of the early sixties. The VT-1 is retro as you can get, switching  between two modes Vibrato or Tremolo. Use it in the Origin loop. Peter Frampton sound with Marshall´s Switching Vibrato setting: Mode Vibrato, Speed 12 o´clock, Depth full, Shape full.

Marshall Guv´nor  GV-2plus

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Second generation of  the famous pedal. Gary Moore is said to have played  the  solo part of „Still Got The Blues“  with this unit. The pedal is a „small amp“ with Gain, Volume, Deep Control, Middle, Bass, Treble.. It´s just like adding another Marshall amp to your rig.

Marshall Bluesbreaker II  BB-2

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Superb one. Two in one. On one hand a truly  valve-like overdrive, on the other a booster that gives your solos that extra lift. I use it with DSL 40CR´s  clean green channel and with the Origin 20c to get a more crunch tone.

All Marshall pedals are built like tanks. Great Quality for optimum performance.

photo cmartin Setup for Marshall DSL 40 CR/ Switch Blade for Amp Switching/ Echohead/ Regenerator/ Guvnor plus/Bluesbreaker/ Dunlop Joe Bonamassa Cry Baby/ 6-way Marshall DSL40 CR Foot-Controller/ second Echohead in the DSL´s loop
photo cmartin Setup for Marshall Origin 20 C : Switch Blade/ Echohead/ Regenerator/ Guvnor/ Bluesbreaker/ Joe Bonamassa Cry Baby Marshall Switch for Boost and Loop and a Reflector RF 1, Marshall´s Vibratrem in the loop

Würzburger Geschichten: Wunder gibt es immer wieder!

Wer kennt sie nicht die Angst vor dem Zahnarzt.

Unserer hieß Dr. Barczay und war ungarischer Abstammung. Seine moderne, neu eingerichtete Praxis war seit etwa 1968 ? unweit der Lindleinsmühle  in einem  vielleicht dreistöckigen Mehrfamilienhaus mit Geschäften im Erdgeschoss. Auftretende Zahnschmerzen, ob der vielen Süßigkeiten, die es zu vertilgen galt, versuchte ich durch Unterdrückung selbiger zu kurieren. Der temperamentvolle Dr. Barczay tat sich bei meiner Behandlung jedes Mal recht schwer und war nicht selten einem Nervenzusammenbruch nah, wenn ich mich während der Behandlung in zwei Richtungen bewegte: a) auf dem Behandlungsstuhl entweder zu ihm hinzustreben oder b) mich mit aller Gewalt in die Polsterung des Stuhls zu versenken um Abstand vom rotierenden Bohrer zu gewinnen.

Der Zahn tobt!

Der schönste Moment jedes Zahnarztbesuches ist doch immer, wenn hinter einem die Haustür ins Schloss fällt. Erhebender Augenblick des Glücks. Schön, wenn man nicht hin muss.  Manchmal war der peinigende Schmerz aber nicht mehr auszuhalten. Mutter vereinbarte wieder einen Termin und meinte: „Fährst halt mit dem Rädle nüber.“ Also auf´s Rädle und los ab. Der schmerzhafte Zahn tobte ja auch gerade wieder. Mit jeder Pedalumdrehung wuchs die Angst vor der anstehenden Pein.

Ein Wunder

Aber welch´ Wunder: Ab dem Berliner Ring  ließ der Schmerz Meter für Meter nach. An dem Haus der Zahnarztpraxis  angekommen, war das Mirakel vollends geschehen: Schmerzfrei! So beschloss ich den unnötigen Zahnarztbesuch kurzerhand eigenmächtig zu beenden, wendete und trat die Heimfahrt an. Mutter wunderte sich über den kurzen Besuch und ich log: „Stell dir vor, es war keiner da. Praxis geschlossen!“ „Was? Die hätten ja wohl telefonisch Bescheid gäb´könn!“  Allerdings ging mir Mutter diesbezüglich nur einmal auf den Leim.

„Würzburger Geschichten“ aus der Semmelstraße über allerlei Getier, das Bananenbäuerle, Personalwesen, Nachbarschaft, Hausbegehung und ein späterer Stadtpromi wird auch noch erwähnt. Viel Vergnügen!

Semmelstraße Würzburg: Links das Hotel London und das Cafe

Wie ich heute so mit dem Hund unterwegs war, fiel mir wieder Frau Hochrhein ein. Nach dem Namen hatte ich schon seit Tagen gesucht, wie nach einem fehlenden Puzzleteil.

Ein Gang durch das Haus

13 Jahre lang habe ich in der Semmelstraße 23 gewohnt. Ein dreistöckiges Anwesen mit Hinterhaus, unglaublich verschachtelt. Das Erdgeschoss beherbergte die Metzgerei, im hinteren Teil befanden sich  die Wurstküche, zwei Kühlräume, ein Salzraum und ein winziges Kabuff  mit dem Knochensägegerät.  Mutter erzählte einmal, dass in dem einen Kühlraum nach dem Angriff eine Leiche lag. Der Mann war im Kühlraum erstickt, da das Feuer den Sauerstoff absog. Die ganze Wurstküche war gefliest. An einer Wand standen zwei große Kessel. Wir hatten eine echte Räucherkammer für all die Wurstwaren. Am besten schmecken Wienerli halt, wenn sie so lauwarm aus dem Rauch kommen  und noch am rußigen Gestell hängen. Sägemehl wurde dazu immer im Neuen Hafen geholt. Das fand ich recht spannend, weil es immer für Abwechslung sorgte. Und ich genoss es neben meinem Vater im Lieferwagen zu sitzen. Neben der langen Einfahrt gab es einen kleinen Innenhof, in dem  Mülltonnen, Fahrräder und bis zu Oma Mathildes Tod die Spirlingsmaischenfässer standen.

„Klenner hol mal….!“

Gleich daneben ging es in den Keller. Wenn es manchmal samstags- oder sonntagsabends hieß  „Klenner hol´mal eine Flasche Wein aus dem Keller“ überkam mich als kleiner Stöpsel Angst. Das ist das Thema, das Lehrer gern im Deutschen stellen. Ich hätte den Gang in die Tiefe mit Bravour als Erlebnisaufsatz schildern können. Der Keller war mir immer unheimlich. Rechts war ein Lichtschalter angebracht. Licht an! Und die Ohren gespitzt, ob irgendetwas Verdächtiges zu vernehmen war. Dann laut pfeifend der ausgetretenen Treppe folgen. Biegung nach links und dann den Gang hinter  bei spärlicher Deckenbeleuchtung. Die Fernheizung gluckerte vor sich hin. War da was? Es knackst unter den Füßen. Ne Kakerlake zerquetscht – na prima. Ihre Freunde flüchten rasend. Trost spendet die gehörte Ansicht, wenn Kakerlaken da sind, gibt´s keine Ratten. Nochmal links dann, die Thekenkühlanlage produziert auch Geräusche, nun zu den Kellerabteilen, Flasche geschnappt und Rückweg. Welcher Trottel macht denn jetzt plötzlich oben das Licht aus? Ich schrei´den Gang hinter „Licht an!“ Uff. Schnell raus hier.

Ungeziefer gab es bisweilen: Kakerlaken und Ratten. Meine Eltern sagten immer, die letzteren kommen vom Bäcker im übernächsten Haus. Man hat natürlich immer versucht die Viecher loszuwerden. Dazu gehörte absolute Reinlichkeit. Ratten waren allerdings eher selten ein ernstzunehmendes Problem, denn unsere Familie hatte immer Pfeffer-Salz-Schnauzer im Haus.

1973 hatten wir wieder einen Pfeffer-Salz-Riesenschnauzer auf der Sieboldshöhe: Leo wurde der Teufel genannt!

Will, so hieß unser Mittelschnauzer in den 60ern, wurde  im Keller eingesperrt, um einer Einnistung der Nager vorzubeugen. Später dann in den 70ern hatten wir keinen Rattler (= Pinscher/Schnauzer) mehr. Das passte mit einem Lebensmittelbetrieb nicht mehr zusammen, außerdem ging Will immer in die Semmelstr. 21 und schiffte da im Treppenhaus gegen die Wand, denn dort war Dr. Schneidemanns Tierarztpraxis. Das gab Ärger. In dem Nachbarhaus hatte zudem der Allgemeinarzt Dr. Krug seine Praxis. Das ganze Anwesen durchzog ein furchtbar penetranter  Gestank, der noch von der Tatsache potenziert wurde, dass Frau Hochrhein im obersten Stockwerk die Ratten der Lüfte, nämlich ein Heer von Tauben fütterte. Das war eklig und nicht zum Aushalten. Mit Frau Hochrhein gab es diesbezüglich den ein oder anderen Disput.

Semmelstr. 23 – Fortsetzung der Hausbegehung

Eine Holzstiege führte durch das ganze Haus. Im 1. Stock war unsere Wohnung, im 2. Stock Oma Mathilde. Gegenüber ihrer Wohnung war in den 60er Jahren das Waschhaus. Es war ausgestattet mit riesigen Metallzubern, in denen die blutige Berufskleidung  erstmal eingeweicht wurde. Zum Trocknen kamen diese auf den sich anschließenden Balkon oder auf die beiden Terrassen ober- bzw. unterhalb des 2. Stocks. Der dritte Stock war an Studenten vermietet. Einer der früheren Jura-Studenten ist seit langem stadtbekannt: Adolf Bauer, unser 2. Bürgermeister, jetzt A.D. Im dritten Stock führte eine Tür auf die Altane mit herrlichem Blick auf Stift Haug und unseren ca. 7 m hohen Schlot, der aus dem Hinterhaus ragt.

Großmutter Mathilde im weißen Metzgerkittel auf der Altana der Semmelstraße. Dahinter sind noch Ruinen und der beginnende Wiederaufbau erkennbar. Auf dem Sonnenstuhl daneben ein Riesenschnauzer. Wer die adrette, junge Frau daneben war, weiß ich nicht.

Den Schlot hat einmal ein, im Appartement wohnender  guter Freund meinerseits, in den 80ern mit einem nackten, überlebensgroßen Mann verziert. Meine Eltern fanden es künstlerisch wertvoll,  die Nachbarn weniger und so musste er abgehängt werden. Ende der 60er wurde aus der Waschküche das Mädchenzimmer für ca. 4 bis 5 junge Damen. Es war damals Usus, dass das vom Land kommende Personal Kost und Logis bei uns hatte. Katholisch getrennt –  die Mädchen im 2. Stock, das Burschenzimmer befand sich im Hinterhaus. Dort wohnte noch ein schon betagtes Paar, Herr und Frau Keil. Wahrscheinlich äußerst günstig, meine Eltern waren diesbezüglich absolut sozial eingestellt. Der Keil Sohn Fritz, der Dunnerkeil, besuchte seine Eltern oft und jedes Mal gab es eine heftige Konfrontation mit Will unserem Schnauzer. Beide konnten sich auf den Tod nicht ausstehen.  Wer zuerst mit dem Zwist begonnen hat, Fritz wie der Wüterich aus Struwwelpeter oder Will, der aggressive Schnauzer, weiß ich nicht mehr. Die zwei führten auf jeden Fall Krieg miteinander.

Im 1. Stock führte ein Gang zum Hinterhaus. Rechts vom Gang war eine geräumige Küche mit Gasherd und großem Tisch für das Personal. Dort nahm dieses das Mittag- und Abendessen ein.

Die Metzgermeister, -gesellen und Lehrlinge in den 80ern

Arbeitsbeginn war für die männliche Belegschaft je nach Wochentag vier oder fünf Uhr. Am Samstag wurde sogar bisweilen, vor allem in der Zeit vor Weihnachten, noch eher begonnen. Die Mädchen hatten´s da besser, die begannen um 7 Uhr.

Gefrühstückt hat die Wurstküchenmannschaft zwischen 8 und 9 Uhr. Es wurde ein Tablett mit Malzkaffee, Brötchen, Butter, Marmelade und Wurst nach hinten getragen. Man scharte sich um einen Hackstock, saß auf Mulden und langte kräftig zu. Um 13 Uhr war allgemeines Mittagessen: wir im Ladenzimmer, das Personal oben in der Küche. Gekocht für alle hat meist nebenbei meine Mutter. Ich weiß nicht, wie oft sie die Treppe vom Laden hoch zur Küche gerannt ist. Das war der tägliche Sport um fit zu bleiben. Wir hatten auch eine Angestellte, die sich um Wohnung, Personalräume, Wäsche, und Konradbetreuung kümmerte. Nach Mutters Anleitung verrichtete sie Küchenarbeiten.

Beim Ausbeinen: links Konrad Martin und rechts der früh verstorbene Wolfgang Rüger

Der Speiseplan war sehr abwechslungsreich: Fleischküchle, Suppenfleisch, Bauchspitze, Koteletts, Krautwickel, Bratwurst, Hackbraten, Fleischwurst, Kartoffelgemüse,  Nudeln, Salzkartoffeln, Reis, Kartoffelbrei, Salat, Wirsching, Spinat, Blumenkohl, Sauerkraut, immer Nachtisch, vorneweg stets Rindersuppe. Freitags: niemals Fleisch, dafür Fisch, Griesbrei, Reisbrei, arme Ritter mit Weinschaumsauce! Die beste Suppe, ich weiß nicht, ob ihr das kennt, war eine Fleischbrühe in der geräucherte Bauchspitze gekocht worden war mit Reiseinlage.

Personal wird gehegt und gepflegt

Es war damals – wahrscheinlich genauso wie heute –  verdammt schwer Lehrlinge für das Metzgerhandwerk zu bekommen. Wenn meine Eltern irgendeinen Tipp bekamen, sind sie am Wochenende bis in die Rhön gefahren, um eventuelle Aspiranten  auf eine Ausbildung persönlich kennenzulernen bzw.  sich von dem zukünftigen Mitarbeiter ein Bild zu machen oder auch um die Lehrstelle mitten in der Stadt anzupreisen. Das war wirklich eine schwere Zeit.  Aus diesem Grund war ihnen jeder unserer Angestellten lieb. Und es ging ihnen gut bei uns. In der Sommerszeit wurden  alle nach Ladenschluss in unseren Garten geschafft. Es wurde zu Abend gegessen, geratscht und die Burschen bolzten mit uns Kindern  Fussball. Das ging oft bis zur Dämmerung. Auf dem Heimweg gab´s bisweilen noch für alle ein Eis in der Franz-Ludwigstraße (Eis-Babett?). Das Eis da war selbstgemacht, vor allem das Fruchteis war exzellent.

Oh Gott – es ist wieder Kiliani!

Wenn Kiliani war, stand immer ein gemeinsamer Besuch des Volksfestes  auf dem Programm. Das war aber auch die Zeit, in der meine Mutter immer die größten Ängste hatte: „Hoffentlich wird mir keine schwanger!“ Das war stets ihre Befürchtung. Selbiges galt auch, wenn das amerikanische Freundschaftsfest war. Schließlich hatte sie für die Nichtvolljährigen die Verantwortung zu tragen.

Es war nicht einfach für sie, wenn die jungen Damen um 24 Uhr noch nicht im Bett lagen oder am nächsten Tag ob des beträchtlichen Alkoholgehalts nicht aus den Federn kamen. Aber letztlich lief doch alles immer glimpflich ab.

Eine gemeinsame Weihnachts- und Faschingsfeier gab es auch jedes Jahr so bis zu Beginn der 70er Jahre.

Was ich wohl nie vergessen werde, ist der frühmorgentliche Besuch in der Bäckerei Schäflein. Überall für uns „Wurstmännli“ der betörende Geruch nach frischem Backwerk. Die warmen wohlriechenden Weck in den Körben knisterten noch vor sich hin. Lecker. Meist holte ich den ersten Korb Brötli für die Wurstkipf und durfte immer noch Hörnchen mitnehmen. Was gibt´s besseres als ein fränkisches Hörnchen in süßen Milchkaffee einzutunken. Ab 6 Uhr kamen dann die ersten Kunden um Brotzeiten abzuholen.

Der „Bananen-Bauer“

Einer von denen war der „Bananen-Bauer“ oder lieblicher es „Bananen-Bäuerle“. Ein schon abgearbeitetes , kleinwüchsiges Männlein in blauer Arbeitskluft mit Schirmmütze, das tagtäglich in den frühen Morgenstunden  mit seiner braunen Aktentasche einlief . Irgendwie erinnerte er an „Walther Sparbier“ (das sagt wahrscheinlich kaum einer/einem noch was!) nur kleiner und verhuzzelter. Er arbeitete am Bahnhof und war bei 1×1 oder so ähnlich für Obst und Gemüse zuständig. Drum hieß er „Bananenbauer“. Und tatsächlich brachte er am Morgen oft irgendwelches Obst mit. Einmal hatte er nen ganzen Karton bestellte Bananen für den Nachtisch dabei und ich sollte diesen hoch in die Küche tragen und selbigen wieder zurückbringen. Ich also hoch – die Bananen waren in so blaues Papier eingewickelt- hole fünf zusammenhängde heraus und leg´ sie auf die Küchenanrichte, da fällt eine „Bananenspinne“ auf den Boden – sie hat nur kurz gelitten.

Heiße Knöchli

Donnerstags war Knöchles-Tag. Schon um 6 Uhr stand der riesige Metallkasten im Laden voll mit dampfenden Knöchli, so dass die Ladenscheibe anlief. Ich hasste diesen Geruch und verstehe bis heute nicht, warum viele Zeitgenossen so scharf darauf sind. Auf jeden Fall war das jede Woche ein Mordsgeschäft. Vor allem die Müllmänner rissen sich um die Knöchli und nach kürzester Zeit waren sie  Woche für Woche weg. Wer nicht vorbestellt hatte, schaute eh in die Röhre. Im Gegensatz zu den Knöchli, gefiel mir das Auslassen von Schweinefett und das Füllen der Tüten mit dem blauen Etikett, auf dem eine fröhliche Wutz abgebildet war. Ich liebte Griebenschmalz und  ein Schwarzbrot mit Schweinefett bestrichen, obendrauf natürlich eine Prise Salz – ein Gaumenfest.

Ich mochte die Semmelstraße – die Metzger- und Bäckerstraße. Vier Metzger, zwei Bäcker. Nur 30 m von uns entfernt war die Metzgerei Lotter. Und vorne stadtauswärts rechts war das Café Walter. Die hatten äußerst gute Salzstangen.

Zwiebelkirchweih

Höhepunkt in der Straße war immer die Zwiebelkirchweih. Nicht so der Trubel mit Bierbänken und –tischen wie heute. Das war ein kurzes aber heftiges Zusammenkommen von Menschen, die die Wallfahrer begrüßten, die damals noch hundertprozentig echte Wallleut waren. Vorneweg lief meist Herr Burger, der meinen Vater bei der Gartenarbeit unterstützte. Vorne beim Bürgerspital wurden Tannenwedel mit angehängten Süßigkeiten verkauft. Der ganze Straßenzug roch nach Zwiebel- und Zwetschenkuchen. Bäcker Schäflein machte jedes Jahr ein Riesengeschäft und die Metzgereien verkauften Leberkäs- und Wurstweck. Waren die Wall-Leut durch war´s Fest vorbei.

Wenn am Samstag, der schon beschriebene Ladendienst beendet war, erhielten alle Angestellten ein großes Wurst- und Fleischpaket für ihre Familie. Samstags ging das männliche Belegschaft spätestens um 10 Uhr  ins Wochenende. Ab 15 .30 Uhr kehrte bei uns im Haus Grabesstille ein. Samstag war Badetag und dann wurde relaxed. Wohl verdientes Wochenende.

Ferienerlebnisse in der fränkischen Provinz gibt´s demnächst hier zu lesen! Bis dahin herzlichen Gruß! 🙂

Würzburger Geschichten: Siebold-Gymnasium – Mathematik, Rotzlöffel und arme Lehrer

Von der Pleicher Schule ins Siebold

Schon in der Pleicher Grundschule war ich laut Zeugnisbemerkung „sehr lebhaft“. Meine Schrift war saumäßig, aber in allen anderen Fächern, auch im Fach „Rechnen“, ausgezeichnet. Wie damals üblich musste generell eine Aufnahmeprüfung für´s Gymnasium absolviert werden. Ich weiß noch, als wenn es gestern gewesen wäre, dass mir die Lösung von einer kniffligen Sachaufgabe noch kurz vor Abgabe einfiel. Also der Weg zum Gymnasium war frei. Da alle Familienmitglieder der  Martins, Kirchner und Hessenauer das Siebold-Gymnasium besuchten, war die Wahl der höheren Schule klar. Ich rechnete in gewisser Weise mit dem sogenannten „Hofeffekt“, da alle dort ein sehr erfolgreiches Schülerdasein verbrachten.

Ich und die Mathematik – Herr H. H.

Während ich in Deutsch, Latein und den Lernfächern im 5. Jahrgang gute Leistungen erzielte, waren sie in Mathematik von Beginn an grottig zu nennen. Mit Mengenlehre wusste ich zum Beispiel wenig anzufangen. Zudem traf ich auf H. H., einen knallharten Studiendirektor , der schon rein äußerlich mit seiner Hornbrille keine „Spaßbombe“ war und zudem mit seinem weißen Mantel furchteinflößend wirkte. Das Motto seiner didaktisch-methodischen Unterrichtsführung war „Friss oder stirb“. Irgendwie kam ich durch. Zum Glück hatte ich dann andere verständnisvollere Mathematiker. Einer von ihnen, Herr K., wohnte als Student bei uns in der Semmelstraße. Ich glaube, der hat öfters mal die Fünf gerade sein lassen.

Die Mathe-Schulaufgabe naht…

Schrecklich war, wenn eine Matheschulaufgabe näher kam. Ich musste pauken und mein armer Bruder Schorsch, der in Mathe nie was anbrennen ließ, hatte die Pflicht mir Nachhilfe zu geben. Ich verstand eigentlich nichts und sagte oft ermüdet, ja verstanden. Am Tag der Schulaufgabe war alles wie weggewischt. Blackout. Den Tränen nah. Dann der Gang nach Canossa, also nach Hause. Je mehr ich mich der Metzgerei näherte, desto schwerer wog die Schultasche. Kurz nach eins dann erst einmal gemeinsames Mittagessen neben dem Leberkäs-Bräter. Die übliche Frage meiner Mutter,  wie es war. Ging so. Dann nach dem Mittagessen  – das Schlimmste. „Der Schorsch soll´sich die Schulaufgabe mal anschau´ !“ Mein Bruder überflog die Aufgabenstellungen und hatte den Rechenweg schon im Kopf. Nun begann das Verhör: „Erste Aufgabe?“ „Das habe ich so gerechnet.  Das war meine Lösung!“ Schorsch lapidar: „Falsch! Da kommt…raus!  Zweite Aufgabe?“ „Die habe ich nur halb.“ „Dritte Aufgabe?“ „Nur angefangen…“„5. und 6. Aufgabe?“ „Da war die Zeit zu knapp. Ist doch gemein. Außerdem war das noch nie dran…das ging den anderen genauso. Die hat fast keiner..“Der Tag war dann meist gelaufen. Meine Mutter grantig. „Du musst mehr lernen! Strenge dich mehr an!“ Einmal musste ich eine mit ungenügend bewertete Ex , von deren Existenz außer mir keiner wusste, unterschreiben lassen. Auf der Treppe zur Wohnung bekam ich von meinem Vater eine schallende Ohrfeige.

Latein bei Dr. G

Zum Glück war ich im Sprachlichen weitaus besser und glänzte in Latein vor allem in der 7. Jahrgangsstufe bei Dr. G. mit Bestnoten. Ich hatte da in Latein ab und an Nachhilfe bei Opa Huth. Davon zehrte ich bis zur Kollegstufe. Aber Mathematik war nie meins. Zum Glück konnte ich sie in der Kollegstufe abwählen. Aus diesem Grund kann ich heute bestens verstehen, wenn Schüler in Mathematik nichts kapieren.

Warum ich dann in der Kollegstufe nicht Latein wählte, sondern „Französisch“ vorzog, weiß ich nicht. Naja, ich liebte das Land, Asterix, Gaulois und Gitanes und den Aufenthalt in Paris (siehe Biografie).

Rotzlöffel – nur Unsinn im Kopf

Als Schüler war ich ein rechter „Bankert“, ein Lümmel, der oft nur Unsinn im Kopf hatte. Ich denke die Mehrzahl der Lehrer war froh, wenn sie mich im nächsten Jahr nicht mehr unterrichten mussten. Einen der vielen Verweise habe ich noch: „ Ständige Verbreitung von Unruhe“. Ich denke, das  trifft es genau.

Vo Mutter unterschrieben! Ein Verweis von der „Zensi“! RIP – unweit von unserem Familiengrab.

Manche Späße waren schon recht derb, beispielsweise wenn ich dem Monsignore D. farbigen Kreidestaub im Vorübergehen auf die schwarze Anzugsjacke pustete oder mich diebisch freute, wenn er wieder mit seine Lackschuhen in einen Reißnagel trat. Ich führte Strichlisten, wenn Lehrer permanent Worte wie „Moment emal“ oder irgendwelche Füllsel „öne“ oder „Mhmna“ verwendeten. Biologielehrer H. hatte die Angewohnheit fast in jedem dritten Satz „letzten Endes“ einzubauen. Der kam bisweilen auf dreißig Striche. Was noch hinzukam, war das der Gute lispelte. Man stelle sich das vor: zwei S-Laute hintereinander.  Allerdings muss ich zugeben, dass meine Mitschüler auch keine Waisenknaben waren.

Wo bin ich? Ganz brav in der ersten Reihe vorn. Der Vierte von links 🙂

Im Team lassen sich Lehrer noch besser ärgern. Latein- und Geschichtslehrer S. hatte es ganz schwer. Das tut mir im Rückblick heute noch leid. Ehrlich. Einmal holten wir sein Fahrrad vom Abstellplatz hoch in den Gang vor das Rektorat und schlossen es mit einer Fahrradkette an ein Heizungsrohr. Oder einer mopste dem verplanten Lehrer die Schultasche und versteckte sie im Klassenzimmer.

Raucherecke am Fahrradkeller

Geraucht wurde immer an der Mauer zum Riemenschneider-Gymnasium, da wo es zum Fahrradkeller runterging. Einer musste Schmiere stehen, während wir die Selbstgedrehten rauchten. Kam eine Lehrkraft, schnippten wir die Zigaretten einfach zum Riemenschneider-Gymnasium hinüber.

Die schönste Zeit war dann die Kollegstufe. Ich hatte den Führerschein und einen gelben R4. Endlich. Nachdem ich bis dahin leiden musste, da die anderen Kreidler Mokicks haben durften und mit ihren Freundinnen rumkurvten. Bei uns waren motorisierte Kleinkrafträder absolutes NoGo. Mein Vater verbot es.

„Entschuldigtes Fehlen“

Den Typ, der den Geschichte-Leistungskurs leitete konnte ich mit seiner arroganten Art nicht ab. Zudem nervte der Pädagoge mit permanentem Folienauflegen auf dem 70er Medium OHP, der Ur-Beamer,  und Gruppenarbeitsaufträgen. So fehlte ich oft „entschuldigt“ und fuhr mit meiner Freundin S., die am Mozart war, lieber über´s Land. Mit dem lieben Mann unternahmen wir dann auch in der 8. Klasse schon einen Schulskikurs nach Sterzing, wo eine Zimmertür zu Bruch ging. Die Schulskikurse waren schon herrlich. Die armen Kerle, die zum ersten Mal auf Skiern standen, am Abend groggy. Die anderen voll fit und zu vielerlei Späßen aufgelegt: Den Schlafanzug nassmachen, mehrere Knoten rein und auf den Balkon legen bis er in kürzestes Zeit Bock hart gefroren ist. Gemein.

Abiturfahrt Prag

Die Abi-Fahrt ging mit ihm nach Prag. Naja. Schöne Stadt und viel Alkohol. Hotel “Europa“ direkt am Wenzelsplatz. An einem Abend hatten wir wieder Ausgang ohne Aufpasser. Eine Bar zog uns an. Ich wechselte zwischen Bloody Mary und Becherovka. Hoch ins Zimmer und ins Bett gelegt. Karussell fahren. Zum Glück hatte ich nur zwei Meter zur Badewanne. Das war mein erster und letzter Vollrausch. Insofern eine lehrreiche Fahrt: Ich vertrag´ keinen Alkohol.

1979 dann Abitur und bestanden. Geht doch. Im vergangenen Jahr trafen wir uns zur 40-Jahre Abiturfeier an der Wittelsbacher Höhe. Schön war´s.

Wo kommen Sie denn her?

Da fällt mir noch eine Episode ein: Nach dem Abitur fuhr ich auch wochentags für die Metzgerei Wurst aus. Eine Station war dabei das Sieboldgymnasium, denn Hausmeister B. , im Pausenverkauf wehrte er immer durch gezielte Boxschläge die anstürmenden Schülermassen ab, verkaufte seit einiger Zeit belegte Wurstbrötchen.

So lief ich so um 9 Uhr mit der Brötchenmulde in die Schule ein und stellte sie auf das Mäuerchen neben der Getränkeverkaufsstelle ab, zu der ein paar Stufen führten. Ich komm mit leeren Händen wieder hoch. Da schallt es: „Wo kommen Sie denn um diese Zeit her? Wieder zu spät?“ Es war Otto Sch. der Schulleiter. Ich fühlte mich zunächst direkt ertappt. Aber dann mussten wir herzhaft lachen.

Würzburger Geschichten: Wurst ausfahren, MC (GCL) und Hundesport – die Woche war ausgefüllt

Wie war das eigentlich vor 50 Jahren schön. Im Rückblick sieht man alles ja irgendwie verklärt. Waren die Zeiten besser? Politisch? Wirtschaftlich? Gesellschaftlich? War es ruhiger als 2020, die Leute zufriedener als heute? Bestimmt weniger abgelenkt, auf wenige Dinge fokussiert. Ohne Web und Mobile Phone. Drei Fernsehprogramme und das Würzburger Volksblatt mehr nicht. Wenn ich mal, die Schulzeit, vor allem die gymnasiale weglasse (dazu an anderer Stelle mehr!), habe ich eigentlich nur beste Erinnerungen an diese Zeit. Zumindest als Kind bzw. Jugendlicher.

Mein Wochenplan so von 1971 – 1985: Schule 6 Tage die Woche, ab 1979 dann Uni

Dienstagmorgen 6 Uhr (Marianische Congregation) GCL-Gottesdienst

Mittwoch Hundesport beim SV( Schäferhundverein Gerbrunn/ seltener PSV Waldbüttelbrunn)

Donnerstag Radtour im Auftrag der Metzgerei Martin Bestellungen für das Wochenende einsammeln, vor allem im Heimgarten und Frauenland (Zeitaufwand ca. 2 Stunden)

Freitag MC Gruppenstunde, danach Fußballgebolze auf dem Augustinerhartplatz neben dem Kloster, ideal zum Auspowern bis zum Einbruch der Dunkelheit.

Samstag: Wurst- und Fleischwaren-Lieferdienst

So ähnlich sah der Lieferwagen aus…

Die Route der samstäglichen Auslieferung war genau ausgeklügelt um möglichst wenig Sprit zu verbrauchen. Getankt wurde damals immer am Berliner Ring bei L. Schürer. Meist am Ende der Ausfahrerei. Da waren samstags so um die Mittagszeit immer die „Würzburger Playboys“ zum Smalltalk mit ihren Cabrios oder schmucken Karossen versammelt.

6.00 Uhr Noch etwas verschlafen den Lieferwagen, ein Hanomag, mit großen Fleischkästen geschickt beladen: was zuerst angefahren wurde, kam logischerweise zum Schluss auf die Ladefläche.

Der Toyota in der engen Einfahrt der Semmelstraße 23.
So sah dann der letzte Lieferwagen aus – mit dem von meinem Vater entworfenen „Fleisch-Case“ – ein weinroter Toyota Hiace! Am Wochenende nutzte ich diesen zum Transport unserer Black Bird Musikanlage!

Die erste Runde mit den großen Lieferungen war etwa so: Uni-Klinik Diätküche, Rotkreuzklinik, Kaufhof, Augustinerkloster, Bürgerspital, verschiedene Altenheime wie Annastift in der Theaterstraße, Raphaelsheim am Haugerring, St. Anna (Erlöserschwestern) Balthasar-Neumann-Promenade, …….

Die zweite Tour: Wurstpaketzustellung an Privatkunden : Crevennastraße, Annastraße, Heimgarten,…..

Frau im Negligé

Du klingelst mit der nach Wurst duftenden Tüte an der Haustüre. Samstag, ca. 7.15 Uhr. Hoffentlich sind die Leute schon wach. Ah der Summer ertönt. Du eilst die Treppe hoch. Die Tür geht auf. Der Muff der Nacht zieht in die Nase.  „Grüß Gott“ Dame im Negligé öffnet die Tür, ziemlich verstrubbelt, amouröse Abenteuer undenkbar. Kundin : „Was macht es?“ „18,50 DM“.  „20 DM“. „Stimmt so!“ „Wiedersehen, schönen Sonntag!“ Fünf Treppen auf einmal genommen ging´s wieder zur Haustür.

Im Frauenland: Frau B., Frau E. und Frau Sch.

Die nächste Tour Frauenland, Trautenauer  Straße. Frau B. immer äußerst spendabel. Bei Familie Sch.  duftet es immer nach frisch gekochter Suppenbrühe mit Maggikraut. Frau E. im Nebenhaus war geizig bis dorthinaus,  Aufgehenlassen für ein wenig Trinkgeld kam bei ihr nie in die Tüte: „Da haste 15.- Mark, den Rest zahle ich dann nächste Woche.“ Andere, vor allem die alten Leute im Heimgarten, die Eisenbahner, waren freigiebig. Auf dem Heimweg ging es dann noch mal durch die Barbarastraße. Da war ein kleiner Tante Emma-Laden mit richtig großen Weck mit Kümmel. Lecker. So was gibt´s heute kaum mehr. Entweder aßen mein Vater und ich jeder einen trockenen Kipf, tranken dazu eiskaltes Cola oder aßen im Sommer Eis. Dann ging die Fahrt wieder zurück zur Semmelstraße und danach zu den “Außenposten“ ins Steinbachtal zum Kloster „Sankt Bruno“ und dann wieder zu einigen Privatkunden den steilen Berg hinauf Richtung Frankenwarte und zurück über einige Stationen in der Zellerau.

Anschließend  Endstation Semmelstraße. Es sei denn, wir hatten ein Päckchen vergessen oder es wurde nachbestellt.  Entweder aß ich dann ein Fleischsalat- oder Leberkäsbrötchen. Meistens fuhr ich dann hoch zur Sieboldshöhe und habe  die Wohnung aufräumen, saugen und bohnern dürfen. Ab 12.45 Uhr hieß es dann Ladendienst anfangen. Also, allmählich damit beginnen das Fleisch aus dem Laden wieder in die Kühlräume zu bringen. Selbiges galt für die gesamte Wurst aus der Theke. Alles wurde fein säuberlich in Mulden gelegt und zurückgetragen. Ärgerlich war, wenn dann noch ein Kunde zum Hintereingang im Hof hereinschneite und bestimmte Dinge wieder geholt werden mussten. Nun den Stock kratzen, das heißt mit einer Drahtbürste die Hackstöcke kratzen bis keine Spuren von Blut etc. zu sehen sind- also de facto bis der Hackstock wieder jungfräulich aussah.

So etwa sahen die zwei Hackstöcke aus.

Jetzt drängte sich die ganze Belegschaft um den kleinen Tisch im Ladenzimmer zu einem vielleicht 15-minütigen Kaffeeklatsch. Da gab es meistens süße Teile zu essen. Also heute würde man sagen Teambesprechung auf engstem Raum mit Chefin und Chef. Meine Eltern waren damals ihrer Zeit weit voraus.  Nun ging es rund: Putzen, die Scheiben der Theke herausheben und mit Glasreiniger säubern, der ganze Laden wurde unter Wasser gesetzt, es wurde picobello jede Ecke akribisch gereinigt.  Ich hatte Dienst am Schieber und musste das ganze Wasser nach draußen in den Einfahrtshof befördern.  Heißes Wasser wurde  aus den Kesseln in der Wurstküche herbeigeschleppt und der ganze Hof ausgeschwemmt und mit dem Schieber abgezogen. Der letzte Akt war dann der Gehsteig vor dem Geschäft. Feierabend sollte man meinen. Aber dann schloss sich noch der Fahrdienst für das Personal an, das hieß eine oder zwei der Grazien wurden nach Hause in ihre Dörfer gefahren. Eine Tour ging zum Beispiel nach Untersambach bei Wiesentheid. Im Schnitt war es dann etwa 16 Uhr. Meist bin ich dann mit den Hunden zum Schäferhundeverein nach Gerbrunn zum Trainieren.  Nach der Übungsstunde, habe später selbst figuriert (Hundesportler wissen, was damit gemeint ist), gab´s im Vereinsheim leckere Bratwürste.

Beim Figurieren der Hunde beim SV Gerbrunn an der Römerbrücke.

War eine wunderschöne Zeit. Jeden Mittwoch und Samstag war Übungsbetrieb. Obwohl ich ja keinen Deutschen Schäferhund besaß, sondern Riesenschnauzer hatte, war ich voll im Verein integriert.

Fortsetzungen folgen: Verbreitung von Unruhe im Siebold-Gymnasium oder der jüngste Vorsitzende des Pinscher-Schnauzer-Klub 1995 e.V. lädt zu Versammlungen in den „Deutschen Garten“ (heute ist da der Zauberberg beheimatet!) ein.

Würzburger Geschichten – Haarige Sache in der Semmelstraße

Heutzutage ist der Gang zum Friseur, zum Stylen der Haare unglaublich in. Ich weiß nicht genau wie viele Friseurläden in der Theaterstraße wie Pilze aus dem Boden gewachsen sind. Der Besuch beim Barber gehört bei dem starken Geschlecht heute zum guten Ton und das vielleicht mehrmals im Monat. Das färbt ab. Grundschüler und Kindergartenkinder wie Justin, Jonas, Maximilian, Ben, Noah, Louis, Henri und Felix sind haarmäßig voll trendy. Haargel ist in. Früher hätte man dies als übertriebene Eitelkeit abgetan. Das heißt nicht, dass es den Gang zum Friseur nicht gab. Es gab ihn. Und zwar äußerst widerwillig, denn es war nur notwendige Pflichterfüllung.

Die Semmelstraße heute

Ich hasste den Gang über die Semmelstraße in den Hinterhof von „Laufstil“. Dort befand sich ein unscheinbares Friseurgeschäft. Inhaber war Herr Eberhard (wenn ich mich noch recht entsinne!). Nicht mehr der Jüngste, mit lichtem blonden Haar. Seine Hände wiesen schon Altersflecken auf. Ihm zur Seite gesellte sich ein eher mollig zu nennendes, weitaus jüngeres, rotblondes weibliches Wesen. Seine Frau. Betrat man das Geschäft, wurde man sofort, erhöht durch ein Stühlchen, in den Friseursessel gesetzt.

Der Prozedur des Haarschnittsder Rabboalso minimal langes Haar (fränkisch)

Und die Prozedur begann ad hoc: Friseurkittel rum, dazu um den Hals so ein Papierband, das einen den Atem nahm und kratzte. Es sollte glaube ich verhindern, dass einem Haare unters Hemd gelangten. Quasi eine Haarbremse. Nun holte er ein mit Wasser gefülltes Spritzfläschlein hervor und besprühte einem das ganzen Kopfhaar. Verdunstungskälte kam auf. Das ersetzte die Wäsche. Kamm oder Bürste gezückt und Haare glatt gestrichen. Elektrischer Haarschneider raus. Rundherum, von rechts nach links und wieder zurück. Rabbo. Mit der Schere bzw. mit dem Rasierer noch etwas nachjustieren. Zum Schluss wurden mit einem stinkigen Pinsel die restlichen abgeschnittenen Haare zu Boden befördert und die Nackenpartie mit irgendeinem Puder eingestäubt. Zeichen dafür, dass die Tortur ein Ende hatte. Halsband runtergerissen. Kittelschürze raus. Bezahlt und raus aus dem Laden. Draußen dann das Gefühl, als wenn es um fünf Grad kälter geworden wäre. Vor allem am Kopf. Und jetzt juckte es wieder hinten am Rücken. Mist.

Frau Eberhard – die Gespielin

Friseur Eberhard und seine Frau waren  schon speziell und sehr verliebt. Sie war wie erwähnt um etliche Jahre jünger und schon kindlich-naiv zu nennen. Einmal erzählte sie in der Metzgerei ihre Bettgeschichten bzw. -spiele mit dem Eberhard: „Wir werfen jeden Morgen im Bett einen Ball hin und her.“ Süß.

Salon Dömling – Theaterstraße

Mein Vater ging auch zum Eberhard. Meine Mutter genoss die wöchentlichen Friseurbesuche im Salon „Dömling“ in der Theaterstraße neben dem Schreibwaren Kurtze. Später wurde der Salon von Herrn Tietze  (heute Bahnhofstraße) übernommen.  

Der Traum der langen Haaren bleibt unerfüllt

Ich hätte gern, vor allem in den 70ern, mein Haar lang getragen. Aber hier kannten meine Eltern kein Pardon. „Die Wolle muss wieder mal runter!“ Dabei standen sie gerade ein wenig auf dem Hemdkragen auf. Meine Cousins hatten es da besser. Die hatten vielleicht Matten. Erich, Michael und Matthias hätte man sofort für die Mitglieder einer Rock- oder Beatband halten können. Alles Bitteln und Betteln half nichts. Friseur.

Grand Fun Railroad/ Mark Farner links mit Gitarre

Das schmerzte um so mehr als ab 1973 Mark Farner von Grand Funk Railroad zu meinem großen Idol wurde. Und der hatte Haare bis zum „Arsch“.  In meinem Zimmer hing dazu ein riesiges Poster: Mark Farner im Shea Stadium.

Mark Farner

Mein Vater hatte nichts dagegen. Aber die Haare wurden geschnitten. Und dann kam der Satz, der einem völlig den Wind aus den Segeln nahm: „Denjenigen, die heute lange Haare haben, fallen später mal die Haare aus. Die kriegen ne Glatze!“ Heute  habe ich fast eine. Komisch, habe mir doch eigentlich in der Beziehung nichts zu Schulden kommen lassen.

Kurzgeschichte vom Untermain: Schulalltag in „Oustem“ und Gestöhne aus der Nachbarwohnung

photo/markt

Nachdem ich meine Lehramtsanwärterzeit in Lohr am rostbraunen Nägelseeschulzentrum erfolgreich beendet hatte, sollte ich den Vorbereitungsdienst in Sennfeld antreten. Etwa eine Woche vor Schulbeginn kam jedoch in der Metzgerei ein Anruf des Schulamtes, dass ich nach Großostheim, also nach „Oustem“ (so wird´s von Einheimischen genannt!) versetzt würde. Schluck! Schock! Untermain! Verbannung! Großostheim etwa 90 km einfach von Würzburg entfernt und gerade noch Bayern. Mit dem R4 täglich dahin und zurück? Fiat Uno 75 i.e gekauft. Muss mir wohl auch eine Wohnung nehmen. Vor allem für die Winterszeit. Auf Vermittlung des Schulsekretariats hin, sah ich mir eine Wohnung im 3. Stock in der Hasselstraße in Ringheim an. Die Vermieterin redselig, erzählte, hessisch dialektgefärbt, so nebenbei alle bekannten Geheimnisse aus dem Lehrerkollegium.

Die Hauptschule Großostheims so um 1950

Endlich Freiheit. Als Lehrer zur Anstellung ohne den lästigen Seminarleiter. Ich übernahm als Klassenleiter eine  5. Jahrgangsstufe.  Die Kollegen waren nett und die Stimmung oft feuchtfröhlich. Am Untermain weiß man jeden Anlass zu feiern. Am Kirchweihtag war schulfrei. Die Schule war riesengroß, drei bis vierzügig. Problematisch waren die sogenannten „cit“ Klassen. „cit“ bedeutete nur mit italienischen Schülern. Es gab einige italienische Lehrkräfte, die in diesen Klassen  „Italienisch“ unterrichteten und sich natürlich super verständigen konnten. Die „Bambini“ beherrschten durch die Bank kein Deutsch und waren eigentlich auch nicht gewillt mit deutschen Lehrkräften zu kommunizieren. Zudem hatte ich das Pech mit den lieben kleinen 5cit-Klässlern am Freitag in der 5. und 6. Stunde Kunsterziehung betreiben zu dürfen. Der reinste Spießrutenlauf. Die Rotzlöffel zogen alle Register, mir, dem armen LzA., die zwei letzten Stunden der Woche zur Hölle zu machen. Dass sie sich gegenseitig mit Wasserfarben bemalten und sich dabei mit den Borstenpinseln beinahe die Augen ausstachen, war noch das geringste Übel.

Da sitzen sie ganz brav, nur einer mit leichter Kriegsbemalung – photo1989/cmartin

Wie aus dem Nichts fingen die netten „ragazzi“ plötzlich an sich zu prügeln, sich auf dem Boden herumzuwälzen, sich gegenseitig zu beschimpfen und  zu bespucken. Zum Glück verstand ich nicht all die Schimpfwörter, die sie sich gegenseitig an den Kopf warfen. Flöhe sind leichter zu hüten! Also zwei Stunden pures Chaos, obwohl ich mir in der Vorbereitung große Mühe gab, abwechslungsreiche und kreative Themen und Arbeitsweisen anzubieten. Mitteilungen, Ermahnungen und Gespräche mithilfe der  italienischen Lehrer fruchteten  nur kurzzeitig. Durch raffinierte Ablenkung meinerseits, schafften es einige, sich über den Gruppenraum in das benachbarte,  zu dieser Zeit freie, Klassenzimmer zu schleichen, um dort verschiedene Fressalien wie Chips mitgehen zu lassen. Mangelnde Aufsichtspflicht!!!!

Es war mal wieder Freitag, 11.45 Uhr, als trotz Lärm ein lautes Klopfen zu vernehmen war. Einer meiner italienischen Freunde öffnete stürmisch die Tür: Schulrat S., Aschaffenburg-Land. Unvorhergesagter Schulratsbesuch. Oh Sch…. : Unterrichtsplaner, Lehrnachweis – Fehlanzeige. Schriftliche Unterrichtsvorbereitung – ja. Meine italienischen Freunde, die selbst durch den anwesenden Schulrat nur leicht eingebremst wurden, waren das Salz in der Suppe. Der Kelch ging an mir vorüber. Schulrat S. war dann zudem nicht mehr für mich zuständig, als ich ein Jahr später nach Würzburg zurückversetzt wurde. Allerdings begann ich noch zu Großostheims Zeiten mit dem Erlernen der italienischen Sprache an der Volkshochschule.

Mein Klassenzimmer in Großostheim. photocmartin1989

Im ersten Jahr wohnte ich also in Ringheim und man hatte mir als Newcomer einen „Super-Stundenplan“ verpasst. Spät anfangen und spät am Nachmittag aufhören. An einem Tag musste ich erst um 11.20 Uhr mit dem Unterricht beginnen. Klasse. Wenn ich dann um 9 Uhr im Ringheimer Einkaufsmarkt war, habe ich im Umfeld oft die schwänzenden Schüler entdeckt, zudem wurden meine Einkäufe kritisch von Erziehungsberechtigten beäugt, wenn sie auf dem Band lagen.

Die grün-gelbe ausgestattete Dachgeschosswohnung in der Hasselstraße war äußerst hellhörig, meine Wohnungsnachbarn sexuell sehr aktiv. Man hätte fast die Uhr danach stellen können. Die Zeremonie, der Akt, wurde immer mit Musik eingeleitet. „Still Loving You“ von den Scorpions beispielsweise in Dauerschleife. Meistens plätscherte Wasser in die Badewanne. Dazu gesellten sich dann rhythmische Stöhngeräusche der Nachbarin, die dann zunächst wieder abebbten, um dann eine halbe Stunde später von neuem zu beginnen. Als Gegenmaßnahme ließ ich den Fernseher laut laufen. Nach dem ersten Winter pendelte ich dann sowieso jeden Tag hin und her. Im zweiten Jahr gab ich die Wohnung auf.

Gefeiert wurde gern in Großostheim. Hier die Geburt unserer Tochter Anna-Lena 1989.

Was schön war, dass sich mit Manfred H. ein zweiter LzA an der Schule eingefunden hatte. Abundzu fuhren wir im Winter zum Skifahren an den Engländer bei Hösbach. In der Mittagspause gingen wir regelmäßig zum Essen und tauschten uns über das Kollegium aus. Einmal waren wir beim Chinesen. Ich bestellte Schweinfleisch süß-sauer. Bei reger Unterhaltung rutschte ich mit der Gabel ab und kleckerte mir die weiße Hose mit roter Sauce unter der Gürtellinie voll. Absolut peinlich und unübersehbar an pikanter Stelle. Scheibenkleister. Ich hatte noch Werken zu unterrichten, schlich mich an den bereits wartenden Schülern vorbei und warf mir schnell eine Werkschürze über. Uff geschafft!

Am Freitag nach Schulschluss ging es sofort zum hinter der Schule geparkten Auto und wir jagten zur A3. Am Berg zum Spessart hängte Manfred mit seinem Ford Escort-Turbo-Diesel immer meinen Fiat Uno 75 ie ab. Das ärgerte mich. Einmal rief jemand aus der Nachbarschaft der Schule im Sekretariat an und teilte mit, dass ein Fiat mit Würzburger Kennzeichen hinter der Schule Unmengen von Öl verlöre. Es war meiner. Bin dann langsam nach Waldbüttelbrunn zum Fiat-Seuberth getuckert.

Das Kollegium aus Großostheim 1989

Eine Szene aus dem Lehrerzimmer ist mir noch besonders in Erinnerung geblieben. Wie bereits erwähnt waren an der Schule italienische Lehrer beschäftigt. In jeder Pause waren alle Tische des Lehrerzimmers mit ca. 30 Lehrkörpern voll besetzt. Blickrichtung aller war die Eingangstür zum Lehrerzimmer. Die öffnet sich und hereinkommt der großgewachsene, bebrillte und  Seitenscheitel rechts tragende Kollege namens Giovanni A. aus Italien, kratzt sich am Gemächt seiner engsitzenden Hose. Da ruft einer im trockenen südbayerischen Ton: „Nicht kratzen  – waschen Giovanni.“ Giovanni wurde mächtig rot. Wir lagen unter den Tischen.

Es war im Rückblick eine schöne Zeit in „Oustem“: die etwa einstündige Fahrt dorthin ließ einen über die bevorstehenden Stunden sinnieren, ich konnte richtig träumen.  Dann bei Stockstadt auf die B469, durch den Wald und dann war man ob des Schweinegüllengeruchs wach und in „Oustem“ am Dellweg angekommen. Im Unterschied zu Würzburg später war in den beiden Jahren in „Oustem“ der Gabentisch für den Lehrer am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien voll gedeckt: diverse Alkoholika wie Weinbrand, Süßigkeiten in verschiedenster Form, Käse, Hausmacher Wurst und geräucherter Bauchspeck. Einfach mehr Herz und Freude am Schenken.

Übrigens erlangte  „Oustem“ durch die TV-Serie „Mit Leib und Seele“ mit Günther Strack zu dieser Zeit bundesweite  Berühmtheit. In der Schule wurden auch einige Szenen gedreht. (Staffel 1/ Folge 5)

Würzburger Geschichten: „Jetzt kannst du gut schlaf´ und dann gehst morgen wieder in die Schul´. „

Heute sieht das Seniorenheim in der Henlestraße toll aus. In den 60er Jahren als Rotkreuz-Kinderklinik war der Anblick eher beängstigend. (Photo Rotes Kreuz)

Also früher, in den 60 er Jahren, durften wir als Kinder nie krank sein. Der Grund dafür war, dass man in der Schule wichtigen Unterrichtsstoff versäumen würde. Ihr könnt euch vorstellen, es war jedes Mal nicht leicht, wenn es einem richtig dreckig ging und man in die Schule musste. Meine Mutter Hannelore war hier äußerst hartnäckig. Sie war als Schülerin so pflichtbewusst und schleppte selbst bei Luftangriffen immer ihre Hefte mit in den Luftschutzkeller. Wenn es also begann, dass man krank wurde, das heißt die ersten Symptome wie Kopfschmerzen, Husten, Schnupfen und Fieber tauchten auf, wurde sofort mütterlicherseits das Arsenal der Geheimwaffen geöffnet:  erste Maßnahme Fieber rektal messen, zweitens ein heißes Bad in der Badewanne, drittens mit Schalfanzug, Bademantel, Wollstrümpfen und Wolldecken (oder alternativ Wadenwickel) ab ins Federbett zur Schwitzkur. Dazu tröstende Worte: „Wirst sehen, es geht dir gleich besser. Morgen kannste wieder in die Schul´!“ Dann noch ein paar Schluck` Klosterfrau Melissengeist bzw. der damit getränkte Waschfleck auf die Stirn (die Allzweckwaffe!), mit Wick Vaporub-Salbe die Brust gut einreiben und abends vor dem Schlaf, den Kranken noch mit Wickmedinait sedieren.  Der Bub schläft sich gesund. Nach dieser Rosskur ging es einem tatsächlich am nächsten Tag etwas besser. Ab in die Schule. Zähne zusammenbeißen, sonst wurde man als „Markusbruder“ (also einer, der Krankheit simuliert) tituliert.

Also eigentlich gab es krank sein bei uns nicht. Da war man hart. Einmal allerdings, war Schluss mit dem „Markusbruder“. Es war so um 1968 herum. Es lag Schnee, also echter Winter in Würzburg, Ich bekam die Mumps und hatte plötzlich wahnsinnige Kopfschmerzen und hohes Fieber. Dr. Krug, unser Hausarzt kam vorbei. Diagnose: Meningitis, also Hirnhautentzündung. Sofort wurde ich von meinen Eltern in die Rotkreuzklinik in der Henlestraße gebracht. Es war für mich als Kind furchtbar: im selben Zimmer mehrere ältere Jugendliche, mir ging es dreckig, vier Wochen Quarantänezeit (Besuch schaute zu einem Fensterausschnitt in der Tür rein), das Personal wenig freundlich und zu allem Übel kletterten nachts Kakerlaken aus einem Kanalgitter im Zimmer. Dazu diese regelmäßigen Punktierungen. Zum Glück wurde nach etwa zwei Wochen oder so auch Erich, mein Cousin, eingeliefert. Das war schön. Jetzt bastelten wir zusammen Faller-Doppeldecker und andere Flugzeuge.

Zur Geschichte des Hauses: 1928 vom bekannten Kirchenarchitekten Prof. Albert Boßlet als Säuglingsheim erbaut, im Krieg zerstört, dann nach alten Plänen wieder hergestellt und zur Rotkreuz Kinderklinik ausgebaut, nach längerem Leerstand in den achtziger Jahren zwischenzeitig von jungen Leuten besetzt, wurde es schließlich wieder vom BRK-Kreisverband Würzburg übernommen und 1992 als „Seniorenzentrum Frauenland“ eröffnet. (WiKI Würzburg)

RIP: Mike Viertel

15.11. 2019 Sennfeld/ Naturfreundehaus

Habe heute erfahren, dass Mike Viertel verstorben ist. Möge er in Frieden ruhen. Er bleibt als immer freundlicher und herzlicher Mensch in Erinnerung. Ein Gitarrist par Excellence. Es tut weh.

Musikerstammtisch Schweinfurt/ Alte Warthe Jan. 2019
November 2019